Spielen in Vierkirchen

Brett- und Kartenspiele im Norden von München

Rein subjektiv

by Nicole

Ruppertshofen 2023 ist vorbei, in elf Monaten, drei Wochen und drei Tagen sehen wir uns wieder. Jedenfalls die meisten. Denn auch das diesjährige lange Brettspielwochenende im Ostalbkreis ist anscheinend wieder gut angekommen. Nicht scheinbar. Wer den Unterschied nicht kennt, kann sich vertrauensvoll an mich wenden. Ich war zwar gerade mit Gaia beschäftigt, als die Frage im Kneipenquiz aufkam, konnte aber im Nachhinein den Unterschied so einleuchtend erklären, dass auch Thomas S. zufrieden war. Schade eigentlich, dass ich an dem Abend keine Zeit hatte. Es wäre einer meiner rar gesäten glanzvollen Kneipenquiz-Momente gewesen.

Aber es war Gaia-Zeit, und Gaia geht vor. Zumindest für mich. Erst haben Dimis Terraner einen Transdim-Planeten nach dem anderen in Gaiaplaneten umgewandelt und die übrigen Völker hinter sich gelassen. Dann kam die Epoche meiner anschmiegsamen Lantida und schließlich haben Martins Geoden konsequent fremde Planeten besiedelt und so ihr Wissen vermehrt. Q.I.C-Aktionen sind inzwischen nicht mehr mein Privileg, in der dritten Partie hat mir Bodo auch noch den schwarzen Planeten weggeschnappt, das Guzzi ganz oben in der Navigationsleiste. Es wird härter im All – und noch reizvoller.

Rats of Wistar

Weiter mit den Höhepunkten: rein subjektiv, versteht sich. Die meiste Spielzeit hat Gaia Project beansprucht, am längsten gedauert hat Weimar: Der Kampf um die Demokratie. Thomas K. hat gewonnen, Thomas B. wusste ziemlich schnell, dass es nicht seins ist, hat aber tapfer durchgehalten. Um am Abend desselben Tages festzustellen, dass auch Gaia zumindest noch eine Tiger-Erweiterung braucht, um ihm zu gefallen.

Die meisten Partien gehen an Pitchcar Mini. 19 hat Florian gezählt. Und er war eigentlich immer dabei. Ich selbst habe dreimal mitgemacht. Ich fliege seltener aus der Kurve und werde auch nicht mehr immer nur Letzte. Da geht noch was im nächsten Jahr.

Das letzte Spiel des Wochenendes war Moon. Aber dazu kann ich nicht viel sagen. Claudia, Stella, Thomas S. und Pirmin saßen noch konzentriert im kleineren der beiden Spieleräume, als selbst das Abschluss-Gaia vorbei war und sich alle anderen Teilnehmer längst verabschiedet hatten.

Der Außenseiter-Preis gebührt König von Siam. Auf der Mitbring-/Wünsch-dir-was-Liste im Vorfeld hatte sich keiner ein Plätzchen reserviert, aber das kleine Histogame aus dem Jahr 2007 kam zweimal auf den Tisch. Die Briten haben übrigens beide Male nicht gewonnen.

Erklär-Bär 2023 wurde Thomas S., der mir nicht nur Rats of Wistar beigebracht hat, sondern auch aus dem Stand und dem Englischen Die rote Kathedrale. Gerne hätte ich von ihm auch noch Arche Nova und Nucleum gelernt, aber, ey, es waren nur fünf Tage.

Pitchcar Mini

Den Krachmacher-Titel teilen sich Roll for the Galaxy und Bluff. In Bluff habe ich eine neue Variante kennengelernt, Würfel rauslegen zur Unterstreichung meiner Behauptung. Hmh, auch das will vertieft werden. Und Roll war einfach nur wieder schön.

Die Klassiker-Auszeichnung hat trotzdem nicht die Würfel-Variante von Race for the Galaxy geholt und auch nicht Race selbst oder Die Burgen von Burgund, die Julia in zwei Partien kennen und schätzen gelernt hat. Sondern Bohnanza: eine feine kleine Runde mit Anja und Sabine, um zu sehen, ob das Spiel aus dem vergangenen Jahrtausend noch trägt. Tut es. Aber vielleicht doch besser zu fünft, sechst oder siebt. Anja und Sabine hatten an dem Nachmittag ein Klassiker-Sandwich, das Zepter von Zavandor als Basis, Bohnanza als Belag und obendrauf ein Russian Railroads.

Kein Ruppertshofen ohne Partyspiele. Dreimal haben sich all unsere Träume bei Kneipenquiz erfüllt. Und Mutabo war viel, viel besser als von mir befürchtet. Wirklich Sabine, ich bin froh, dass du dich durchgesetzt hast. Aber die Topplatzierung bleibt Top Ten vorbehalten. Unvergesslich, wie Bodo um Fassung rang, nur weil der Papst Mezzomix weniger gern haben soll als Wladimir Putin. Und wie Martin seine Liebste mit der Herz aus Gold ans Ende des Universums bringt, um dort mit ihr essen zu gehen, während Carsten als Kapitän sie erst mal das Deck säubern und Fische ausnehmen lässt. Ich selbst habe ihr übrigens einen Burger im Mäcki spendiert. Und Florian kennt ein ganz ordentliches Fischrestaurant in Gröbenzell.

Wir sehen uns wieder. Nicht in Gröbenzell und nicht am Ende des Universums, sondern in Ruppertshofen. Vom 30. Oktober bis 3. November 2024 ist das Gästehaus Grüner Pfad wieder für uns reserviert. Ich freu mich schon drauf. Und hoffe, dass Dimi noch mal Age of Innovation mitbringt. Das möchte ich unbedingt lernen. Soll ja ein bisschen wie Gaia sein.

Weiterlesen:

Zehn Jahre

by Florian

Im Februar waren es zehn Jahre, dass dieser Blog existiert. Niemand hat es mitbekommen, auch ich nicht. Na und?

So ein Jubiläum ist unwichtig, aber ein guter Anlass, um die Schrift größer zu machen, habe ich mir gesagt. Schließlich sind wir alle zehn Jahre älter geworden.

Vielleicht ist es aber auch ein Anlass, um zurückzublicken. Also habe ich verspätet zurückgeblickt. Und zwar, indem ich am Montagabend den Vierkirchner Spieletreff besucht habe.

Neun Personen hatten sich eingefunden, etliche Stapel Spiele lagen bereit. So viel Auswahl hatten wir lange nicht.

Ich sah Tempel des Schreckens obenauf liegen und sagte spontan: „Wer hat das denn mitgebracht? Das ist mein Lieblingsspiel, aber es will nie jemand mit mir spielen.“

Thomas hatte es mitgebracht, und es wurde beschlossen, dass wir erst einmal Tempel des Schreckens spielen. Zu neunt. Es wurden sogar zwei Partien. Ich war jedesmal Tempelwächterin. Wir gewannen beide Partien. So schön kann Spielen sein …

Kurz wurde erwägt, auch Top Ten in Neunerrunde zu spielen, aber dann löste sich doch eine Dreiergruppe für Big Boss. Das hat vermutlich unsere Erfolgsaussichten in Top Ten enorm gesteigert. Ein paar Einhörner waren auch nach sechs Runden noch übrig. Wobei ich festhalten möchte, dass wir mehrere knappe Folgen auflösen konnten. Nur über die relative Wichtigkeit von Waschmaschinen- und Autoreparatur gab es keine Einigkeit.

Die beiden Dominiks verabschiedeten sich. Bettina, Christian, Michael und ich entschlossen uns zu Roll For Adventure. Auch wenn wir die laut Packung 30 Minuten Spielzeit längst nicht einhalten konnten: Es war spannend bis zur letzten Sekunde, als ich mit fünf Würfeln die vier benötigten Dreier zustande brachte.

Mit dem Spielen ist es am Ende wie mit jedem Hobby. Mal ist man Feuer und Flamme und steckt jede freie Minute hinein. Manchmal läuft es eher nebenher. Manchmal macht es nicht den erwarteten Spaß. Dann braucht es eine Pause.

Auch dieser Blog hat in den letzten zehn Jahren einige Pausen gemacht. Es waren trotzdem zehn schöne Jahre. Danke fürs Mitspielen und Mitlesen!

Anmeldung für Ruppertshofen 2023 hat begonnen

by Florian

Das von Nicole organisierte lange Brettspielwochenende findet dieses Jahr von 28. Oktober bis 1. November statt. Ihr könnt euch ab sofort anmelden. Alle Einzelheiten findet ihr auf der Ruppertshofen-Infoseite.

Außerdem treffen sich alle, die möchten, heute Abend, am 16. Januar 2023 um 20 Uhr, im Pfarrsaal zum ersten Vierkirchner Spieletreff des Jahres. Das Spielejahr kann beginnen.

Alte Damen und Revolutionen

by Florian

Zu jedem Jahreswechsel wählen Nicole und ich unser Spiel des Jahres. Dieses Mal fiel die Entscheidung leicht. Wir haben so viel Zeit in Bad Bründlholz verbracht.

Lange Schatten in Bad Bründlholz ist meine bisher umfangreichste Rollenspiel-Veröffentlichung. Die Spielenden übernehmen darin die Rolle der alten Damen des Detektivclubs von Bad Bründlholz, die nicht nur Krimis lesen, sondern auch echte Mordfälle lösen, an denen die Polizei scheitert.

Lange Schatten basiert auf Jason Cordovas Brindlewood Bay, dessen Regeln es erklärt, vereinfacht und in die Welt der fiktiven bayrischen Kleinstadt Bad Bründlholz einbettet. Vor allem aber enthält das Buch zehn Fälle und zwei Kampagnenbögen, um alles zu einer fortlaufenden Geschichte zu verbinden.

Den Hintergrund dieses Spiels habe ich mir vor ziemlich genau zwei Jahren ausgedacht und im Frühjahr 2021 die ersten sieben Fälle geschrieben. Aber von Notizen für einen Kriminalfall, den ich selbst spielleiten kann, zu einem 132-Seiten-Buch, mit dem auch andere Spaß haben, war es ein weiter Weg.

Nicole hat die Entstehung 2021 ebenso wie 2022 den Abschluss aus Spielerperspektive und Gesprächspartnerin miterlebt. Es gab immer wieder einiges zu erzählen und zu besprechen… Insgesamt dürften in Bad Bründlholz zwischen 800 und 1000 Stunden Arbeit stecken. Und nein, die vielen Testspiele zähle ich nicht mit! 2022 waren es 18 Sitzungen.

Die Brettspiele

Während ich ins Rollenspiel abgedriftet bin, ist Nicole nun die intensivere Brettspielerin im Haushalt. Komplexe Lieblinge wie Gaia Project und Marco Polo spielt sie insbesondere beim Novembertreffen in Ruppertshofen oder abends auch mal auf dem Tablet. Auf den Wohnzimmertisch kamen immerhin je zehnmal Clans of Caledonia und Die Glasstraße.

Weiterhin geht Die Crew jederzeit, die die letzten beiden Jahre unseren Spiel-des-Jahres-Titel eingefahren hat. Zumal es mittlerweile viele in unserem Bekanntenkreis schon kennen oder gar selbst haben. 14-mal wurde es 2022 gespielt, und das sind nicht einzelne Missionen, sondern Sessions.

Zudem haben wir eine Vielzahl kleinerer Spiele mindestens 10-mal gespielt, nicht nur wegen einer laufenden Challenge. Das sind Clever hoch drei (auch als App beliebt), Dungeons, Dice & Danger, Roll for the Galaxy, Monster Expedition und Noch mal.

Eine besondere Erwähnung verdient So kleever als erfolgreichster Neuzugang im Regal. Beziehungsweise, ruhig im Regal stand es eben nicht sehr oft. In Ruppertshofen und beim Spieletreff Vierkirchen wurde es immer mehrmals hintereinander gespielt. In der Statistik kam es auf 10 Partien.

Die Rollenspielveröffentlichungen

Über Bad Bründlholz habe ich oben schon geschrieben – und könnte noch so viel erzählen! Auf meiner itch.io-Seite gibt es einen Entwicklungsblog, wo ich mich mit diversen Aspekten des Spiels befasst habe. Wenn ihr mehr wissen wollt, findet ihr da reichlich Stoff.

Meine erste Rollenspielveröffentlichung (2022 und überhaupt) war aber Gläserne Revolution, eine Heimsuchung nach den (enthaltenen) Regeln von Trophy Dark. Darin könnt ihr die Revolution der Glasarbeiter von Robur miterleben und mitgestalten. Eine Warnung: Wie es ausgeht, hängt von den Spielenden ab – aber wahrscheinlich nicht gut…

Nebenbei, was heißt in dem Kontext eigentlich Veröffentlichung? Alle hier genannten Spiele gibt es auf itch.io und bei DrivethruRPG als PDF zum Download, manche kostenlos. Gläserne Revolution und Lange Schatten in Bad Bründlholz kann man zudem bei epubli (und theoretisch auch im Buchhandel, aber die Lieferkette hakt) gedruckt bestellen.

Für einen Jam habe ich das spielleitungslose Wolkenschiffe geschrieben. Mit Hilfe von Tabellen voller Anregungen erzählen die Spielenden die Reise eines Schiffs, das über einem Ozean von Säure fliegt. Sie erfinden seine Waren und Passagiere, fliegen fantastische Städte an, wo sie Zwischenfälle bewältigen müssen. Ein Fabulierspiel für einen vergnüglichen Abend, das ich inzwischen auch gerne mal wieder spielen würde. Vielleicht 2023?

Haltet ihr durch? Keine Sorge, jetzt folgen nur noch ein paar kleinere Machwerke.

alea atra ist mein Ansatz, um eine komplette Rollenspielsession mit Figurenerstellung und einer spannenden Geschichte, die offen verläuft, in drei Stunden abzuwickeln. Es lässt sich mit Genreblättern an unterschiedliche Hintergründe anpassen. Bisher bin ich da im Fantasy-Segment geblieben. Für 2023 könnte ich mir vorstellen, Science-Fiction-Module mit alea atra zu spielen.

Das Solo-Spiel Schurkische Sonette zu entwickeln ging ausnahmsweise schnell. Es leitet eine Spielerin an, die schrecklichen Erlebnisse ihrer Schurkin aus dem 17. Jahrhundert in Liedform zu schildern. Reime und Themen gibt der Zufall vor.

Kurz vor Jahresschluss habe ich bei einem weiteren Jam mitgemacht. Es ging darum, Spiele zu erfinden, die Erzählungen im Stil der surrealen Kurzgeschichten des italienischen Autors Dino Buzzati generieren. Es klingelt handelt von einem geheimnisvollen nächtlichen Telefonanruf beim Erzähler. Es ist für genau drei Personen und erfordert – wie schon Wolkenschiffe – keinerlei Vorbereitung.

Wenn solche kurzen Erzählspiele euer Ding sind, solltet ihr euch auch den bestbewerteten Beitrag dieses Jams ansehen, Qualcosa all’idrogeno von Lorenzo Trenti, den ich zum Eigenbedarf übersetzt habe.

Und schließlich muss ich noch das 2022 von mir meistgespielte Rollenspiel erwähnen, das nicht von mir ist: Trophy Gold, ein narratives Fantasy-System, bei dem der Tisch immer wieder komplette Spielzüge im Teamwork improvisiert. Das Regelbuch gibt es vorerst nur in englischer Sprache, aber alle Materialien, die die Spielenden benötigen, auch auf Deutsch, nämlich Kurzregeln und ein Figurenblatt.

Puh. Durchschnaufen. Das also war 2022, das Jahr, in dem ich zumindest in Teilzeit Rollenspielautor war. Das wird sich so sicher nicht wiederholen, aber es war eine tolle Erfahrung – zumal ich meine Spiele immer wieder an unvergesslichen Abenden mit wunderbaren Mitspielenden erleben durfte. Dafür habe ich sie geschrieben.

Unsere früheren Spiele des Jahres

Ruppertshofen 2022: eine Auswahl

by Nicole

Fünf Tage Spielen liegen hinter uns. Für mich waren es 26 Partien, für andere viel, viel mehr. Aber ich bin auch fünfmal zum Pferdehof im Süden des Plateaus spaziert. Ihr wisst schon, wo der Schimmel mit den Zöpfchen grast.

Was so auf den Tisch kam – eine Auswahl von Florian und mir. Nicht überall haben wir mitgespielt, aber wir haben uns erzählen lassen. Wenn ihr etwas ergänzen möchtet, nur zu!

Asterix und die Sabinerin
Einziges Exemplar des Spiels weltweit. Wir reisen in zehn Tagen quer durchs Römerreich. Die erste Partie gewinnt Florian, verstößt dabei allerdings mit seinem Teppich gegen die imperiale Flugverkehrsordnung. Die zweite Partie geht an die Sabinerin persönlich.

Azul: Die Gärten der Königin
Gabie und Klaus sagen, dass sie Marco Polo 2 lieben. Aber es ist nur ein Platz frei. Beide möchten zurücktreten, keiner aber den anderen im Stich lassen. Also probieren sie die Azul-Variante von diesem Jahr aus. Das hatten sie sich ohnehin vorgenommen.

Barrage
Thomas S. hat es noch einmal mitgebracht. Stundenlang sitzen er, Claudia, Stella und Pirmin im kleinen Raum am Fenster über das Spielbrett gebeugt.

Carnival of Monsters
Monster sind furchtbar. Trotzdem stellen wir gleich zweimal mittels Drafting ein Monsterkabinett zusammen. Die großen menschenverschlingenden Brocken, die grässlich verzerrten Fratzen, die riesigen schuppigen Leiber, die aufgerissenen Mäuler mit Zähnen so scharf wie Rasierklingen bringen beide Male den Sieg. Was uns Angst macht, fasziniert uns. Und gibt die meisten Punkte. So muss es sein.

Cascadia
Füchse, immer diese Füchse. Kein Mensch will Füchse. Aber Bären, Elche und Fische sind schon aus. Enges Spiel: Gabie 94, Klaus 92, Brigitte 90, Nicole 88 Punkte.

Caverna
Peter ist ein Macher. Deswegen sichert er sich überproportional oft den Startspieler. Das macht den Platz links neben ihm so attraktiv. Wer dort sitzt, gewinnt. In zwei Partien verfestigt sich die Theorie.

Clans of Caledonia
Gabies Clan kann fischen, Klaus spart Einsetzkosten an Flussmündungen, ich bekomme Käsereien, Bäckereien und Destillerien billiger. Der Getreideanbau aber ist für alle einfach verflixt teuer. Alles beim Alten in den Highlands.

Die verlorenen Ruinen von Arnak
Merke: Kompasse horten, um einen neuen Ort zu entdecken, reicht nicht. Man braucht auch noch was in der Hinterhand, um die Wächter auszuschalten. Bei Stellas Expeditionen sind es meistens blaue Pfeile. Zum Verzweifeln.

Dune
Eine Überraschung. Wer auch immer Dune dabei hat, hat es nicht auf der Mitbring-Liste eingetragen. So konnte sich nur der Eigentümer vorfreuen. Michael gibt dem Spiel trotzdem noch mal eine Chance. Und rätselt hinterher weiter, warum es so gehypt wird.

Exploration
Wunderschön anzuschauende Raumschiffe aus durchsichtigem Plastik. Das reicht nicht. Dietmar, Peter, Thomas K. und Timo brechen mittags ab. Timo analysiert beim Essen die Schwachstellen. Peter spricht von einem verschwendeten Vormittag.

Funkenschlag
Martin lernt einen Klassiker.

Fyfe
Pirmin baut auf. Erster Eindruck: So bunte 5×5-Raster gibt es nur in der Südsee. Wir sammeln Farben, Symbole, Zahlen und verabschieden uns zunehmend von der Hoffnung, alle Aufträge erfüllen zu können. Ignoriert man die thematische Einbettung, ist das Südsee-Puzzle verwandt mit Village Rails. Aber das ist unmöglich: So bunte 5×5-Raster gibt es nur in der Südsee.

Gaia Project
Wenn Pumuckl Knödelmeister wird, werde ich Gaia-Meisterin. Vier Partien an fünf Tagen, dreimal sind Bodo und Thomas O. dabei, je einmal Thomas S., Claudia und Martin. Martin wird Kettenzug-Meister. Gaia ist das letzte Spiel des Wochenendes. Bodo findet das super, weil alle an unserem Tisch vorbeikommen, um sich zu verabschieden. Montag war übrigens gaiafrei. Schade eigentlich.

Insel der Katzen
So viele Katzen zu retten und so wenig Zeit. Puh, Glück gehabt: Sie wissen sich zu benehmen, fressen sämtliche Ratten und benutzen das Katzenklo. Ich wünschte, die Nachbarskatzen würden sich ein Beispiel daran nehmen.

Inside Job
Agent oder Insider, das ist hier die Frage. Da kann ich noch so oft meine Unschuld beteuern, Timo glaubt mir kein Wort. Schlimmer noch, er überzeugt auch die anderen. So, das habt ihr jetzt davon!

Just One
Widerlegung der Links-von-Peter-Theorie (siehe Caverna). Ich sitze links von Peter und kann als Einzige keinen meiner beiden Begriffe erraten.

Khora
Ständig spielt irgendjemand Khora. Kein Wunder, auf der Mitbring-Liste führt es die „Gewünscht von/möchte spielen“-Spalte mit vier Eintragungen an.

Kingdom Builder
Es dauert ein wenig, bis das Königreich kartografiert ist, denn Klaus und Gabie besitzen alle Erweiterungen. Auf den ersten Blick: hey, erstaunlich viel Sumpf in der Gegend. Und dazwischen stehen keine Schlösser, nein, stattdessen gibt es jetzt Paläste. Da wohnt der Froschkönig und befiehlt uns, seinen Herrschaftssitz mit den Städten des Umlands zu verbinden. Florian gelingt das am besten. Jetzt hätte er auch gern die Sumpf-Erweiterung. Die gibt es nur als Teil einer Big Box für 150 Euro. Quak.

Kneipenquiz
Wir spielen nur einmal, aber dann sind all unsere Träume auch erfüllt. Pirmin liest vor, Lada schreibt die Antworten auf, Bodo stoppt die Zeit, Carsten schiebt die Plättchen und ich die Eule und ihre Konkurrenten. Die meisten Mitspieler stehen. Sven wird extra per Handy aus seinem Zimmer geholt. Es ist die Sternstunde der Schwarmintelligenz. Ob Nagellack-Marke, Paulusbriefe oder die Totstell-Taktik des Chamäleons: Wir wissen alles, bis auf Kleinigkeiten wie die Sache mit der Meinungsfreiheit. Und Sven sorgt für den krönenden Abschluss – dank Kartoffelkanone.

Living Forest
Das Kennerspiel des Jahres. Im Internet steht: Das Spiel taugt nichts. Die Jury taugt auch nichts. Muss probiert werden. Drei Siegbedingungen, drei Strategien. Jede davon overpowered, je nachdem, in welcher Ecke des Internets man fragt. Sabine spielt mit den Flammen, Martin und Thomas O. setzen auf Bäume, Florian gewinnt mit Blüten. Die Strategien können wir noch nicht beurteilen. Das Spiel taugt. Das Internet taugt nichts.

Marco Polo 2 – Im Auftrag des Khan
Montag ist Marco-Polo-2-Tag für Brigitte. Vormittags reist sie als Gantulga Od in kleinen Schritten zwar, aber billig durch das Reich des Khan. Sehr bequem, sagt sie und lernt nebenbei, dass man Häuschen versetzt, wenn man alle aufs Spielbrett gebracht hat und trotzdem noch unterwegs zu neuen Ortschaften ist. Nur – wer außer Pirmin schafft sowas überhaupt? Abends heimst Brigitte dann als Isabella Donati für jeden Würfelwurf ein Guzzi ein und Sabine gibt den Gantulga Od. Die beiden legen sich riesige Kamelherden zu. Das hat Hans im Glück nicht vorgesehen. So werden aus Münzen phasenweise Vierbeiner.

Mombasa
Die Sache mit dem Zudecken der Bücher ist vertrackt. Ich habe einen genialen Plan für die letzte Runde und an alles gedacht. Nur nicht an das Kleingedruckte in der Regel. Ich darf ein Buch für Geld umdrehen, um mein Tintenfass weiterzuziehen – nicht zwei. 20 Punkte statt 40. Klaus vergisst gleich ganz, dass er Bücher umdrehen darf: 20 Punkte statt 40. Aber da sind ja noch die Anteile an drei überaus erfolgreichen Handelskompanien. Nur Cairo interessiert keinen.

Nova Luna
Dieser abstrakte kleine Rosenberg wird ganze fünf Mal gespielt: davon zweimal solo zur Überbrückung von Florian, wenn er von einer Wanderung zurückkehrt und alle Tische beschäftigt sind. Übrigens mit miserablen Ergebnissen.

Orakel von Delphi
Brettspielwochenende ohne Stefan-Feld-Spiel geht nicht. Florian erklärt zwei Runden die Regeln. Manche mögen es nicht, von Würfeln abhängig zu sein. Andere sammeln zu viele Wunden. Ich klopfe erst mal alle Monster und lasse die Mitspieler meine Kultstätten finden.

Port Royal
Der Gouverneur macht auch nicht immer, was man von ihm erwartet. Das muss Martin bei seiner zweiten Port-Royal-Partie ever feststellen. Aber was soll’s, die Sonne scheint, es herrscht T-Shirt-Wetter, und die Runde sitzt gemütlich im Garten des Gästehauses.

Praga Caput Regni
Eier, so viele Eier. Doch es gibt mannigfaltig Möglichkeiten und nur 16 Aktionen (plus x im unteren einstelligen Bereich). Am Ende stehe ich alleine auf der Brücke. Dank Thomas S. und Claudia als Erklär-Duo kommen Bodo und ich locker über die 70 Punkte, die wir uns als Ziel gesetzt haben.

Russian Railroads: American Railroads
Dass vier Tage Spielen an der Konzentration zehren, zeigt sich am letzten Vormittag. American Railroads ging auch schon mal schneller. Und fehlerloser, sagt Carsten.

Sag’s mir
Time’s Up ist der schönere Titel. Gelacht wird trotzdem viel, auch wenn nicht alles regelkonform ist.

Scout
Hübsche kleine Schachtel, deren Inhalt mich anfixt. Scoute ich deine 10, verdienst du einen Dollar. Verflixt, da liegt ja noch mein Auto unbenutzt herum. Ich werde am Timing arbeiten bis nächstes Jahr.

So kleever
„Bin“ soll zu „brav“ und „Laden“ passen? Es dauert ein bisschen, bis der Groschen fällt (nicht 5 Cent), aber dann sind wir begeistert. Bronze und Gelächter gleich Medaillengewinner? Nie im Leben! „Hättet ihr besser auf Nicole gehört“, sagt Pirmin.

Terraforming Mars: Ares Expedition
Das lang erwartete San Juan auf dem Mars, sagt Sven. Er ist nicht der Einzige, der es unbedingt probieren will. Jede Runde wählen die Spielenden zwischen fünf Phasen, anders als in Race for the Galaxy muss es immer eine andere als in der Vorrunde sein. Aus 208 Karten entsteht ein für Menschen bewohnbarer Mars. Sven will es sich aber nicht dort gemütlich machen, sagt er. Braucht er nicht unbedingt.

Tichu
Der Hund liegt auf dem Tisch. Sabine sagt Tichu an. Es reicht knapp nicht. Der Hund knurrt. Brigitte hat ein mieses Blatt. Sie verliert kein Wort darüber. Der Hund schläft. Carsten gibt Tipps. Peter lernt, wie er den Hund einsetzt. Florian lernt, wann er den Hund schieben muss. Carsten gewinnt.

Village Rails
Ein Spiel aus England. Dörfliche Landschaft. Leben wir im 19. Jahrhundert oder doch eher nach dem Brexit? Jedenfalls führen alle Eisenbahnlinien nach Südosten. In Richtung London, in Richtung Kontinent? Niemand weiß es. Den Zielbahnhof legen wir fest, wenn die Strecke das 4×4-Raster verlässt. Ein Spiel wie England, verschroben und kleinteilig, charmant und voll versteckter Botschaften.

Vanuatu
Thomas O. erlebt zum ersten Mal, wie Dietmar verzweifelt. Allein deswegen hat es sich schon gelohnt, das Spiel mitzubringen.

Woodcraft
Wenn Pirmin nicht Woodcraft spielt, erklärt er es anderen. Doch manchmal nutzt auch der beste Erklärer nichts, vor allem zu fortgeschrittener Stunde.

Zuletzt
Kein Spiel, aber Dank an Andrea! Ihr Snickers war meine Notration auf der Heimreise.

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Kämpfe in Dungeon World

by Florian

Ich gestehe: Nach den ersten Sitzungen Brindlewood Bay und The Between habe ich mich völlig überfordert gefühlt. Ich sollte da Würfe abwickeln, Komplikationen suchen, Hinweise wählen und modifizieren – und alles gleichzeitig.

PbtA-Rollenspiele sind vielleicht nicht schwerer zu leiten als traditionelle Systeme wie Dungeons & Dragons oder Das schwarze Auge. Sie erfordern aber mindestens eine Eingewöhnung. Eine Umstellung.

Das meistgenannte Beispiel für diesen Prozess sind die Kämpfe im PbtA-Spiel Dungeon World. Mit einem mechanischen Wechselspiel von Attacke und Parade ist es hier nicht getan. Die Spielleitung (SL) muss aktiv Szenen gestalten, Manöver schildern, die Bedrohung steigern, neue Gefahren andeuten und einführen.

Neulich hat auf Twitter mal wieder jemand in die Runde gefragt, wie sich Kampfszenen in PbtA-Spielen origineller gestalten, vielleicht auch besser vorbereiten lassen. Meine erste Reaktion: keine Ahnung, ich find’s auch immer wieder schwierig.

Den Kampfplatz bereiten

Ich habe aber noch länger darüber nachgedacht und kann jetzt doch eine Idee präsentieren, natürlich ungetestet. Sie basiert auf dem Konzept der Paint the Scene Questions von Jason Cordova.

SL-Spielzug: Den Kampfplatz bereiten
Wenn ein Nah- oder Fernkampf unausweichlich ist, kannst du die Charaktere reihum fragen: Als du dich in Erwartung des Kampfs umschaust, welches Landschaftsmerkmal oder welche Pflanze, welche Raumausstattung oder welches Möbel siehst du, die dir gleich von Nutzen sein könnten?

Gehen wir Schritt für Schritt durch, was dieses Regelmodul besagt.

Es wird ausgelöst, wenn sich die Figuren auf einen Kampf vorbereiten, also etwa eine Spielerin sagt: „Ich ziehe mein Schwert“ oder „ich straffe den Riemen meines Schildes“ oder dergleichen. Es wird nicht ausgelöst, wenn die Figuren in einen Hinterhalt geraten und lediglich reagieren. Ein solcher Hinterhalt ist vielmehr ein harter SL-Spielzug, den die SL vielleicht vorbereitet oder rechtzeitig durchdacht hat. In dem Fall muss sie selbst den Kampfplatz schildern.

Wie geht’s weiter?

Aber nehmen wir an, die Spielerinnen lösen den Spielzug aus. Jetzt fragt die SL also, was in ihrer Umgebung sie im Gefecht weiterbringen könnte. Reihum nennt jede Spielerin ein Merkmal: in einem Innenraum beispielsweise einen Barhocker, einen Besen oder eine mächtige Flügeltür, eine Anhöhe, ein Gebüsch oder eine Pfütze bei einem Kampf auf offener Straße.

Diese Raumausstattung und Landschaftsmerkmale können nun die Spielenden selbst in die Fiktion einbauen, um ihre Kampfmanöver abwechslungsreich zu beschreiben. „Als der Ork heranstürmt, empfange ich ihn mit gezogenem Säbel. Im letzten Moment aber stapfe ich mit dem Stiefel in die Pfütze, dass der Dreck bis in seine Augen hochspritzt!“

Neue Möglichkeiten schaffen

Auch die Spielleitung hat neue Optionen, im Kampf Regie zu führen. Insbesondere können die Gegner den Stein mit der tollen Rundumsicht, den Besen oder den Barhocker ebensogut nutzen wie die Spielfiguren.

Ein weicher Spielzug wäre dann etwa, dass die Barbarin ihre vorteilhafte Position auf dem Stein verliert oder die Affenkönigin die Liane vor dem Krieger erreicht. Ein harter Spielzug könnte ein Sturz vom Barhocker mit entsprechendem Schaden sein.

Was mir wichtig ist: Die Spielenden tragen hier aus Charaktersicht zur Welterschaffung bei. Sie definieren sie nicht, sie schaffen Möglichkeiten. Ob die genannten Büsche und Felsbrocken und Tafeln und Türen wirklich nützlich sind, muss sich erst noch herausstellen. So könnte die SL die Spieler mit einer reißenden Liane oder nachgebendem Boden überraschen. Sie ist nicht an die Ideen der Spieler gebunden.

Die Gruppe gestaltet gemeinsam die Szenerie, aber die Spielenden denken sich nicht die Hindernisse aus, die sie überwinden müssen. Dafür ist weiter die SL verantwortlich. Denken wir an das Beispiel des Hinterhalts von oben, der eine als harter Spielzug vorbereitete Szene war.

Zu den Spielleiterprinzipien von Dungeon World zählt: Stelle Fragen, benutze die Antworten. Nicht mehr und nicht weniger versucht dieser Spielzug zu leisten. Ich hoffe, dass ich ihn bald mal ausprobieren kann.

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PbtA – was ist das denn wieder?

by Florian

Auf Spielen in Vierkirchen geht es seit zehn Jahren um Brett- und Kartenspiele. Seit etwa 18 Monaten spiele ich allerdings vermehrt Pen-and-Paper-Rollenspiele. Von Vierkirchen aus, via Discord. Und ich schreibe in diesem Blog darüber.

Da ich vermute, dass die meisten unserer Stammleser von der Brettspielseite kommen und bestenfalls mit traditionellen Rollenspielen vertraut sind, möchte ich heute einmal eine moderne Rollenspiel-Familie vorstellen: die PbtA-Spiele.

Nebenbei bemerkt, keine Sorge: Nicole und ich spielen weiterhin auch Karten- und Brettspiele und werden in gewohnter Unregelmäßigkeit davon berichten.

Angetrieben von der Apokalypse

Im Anfang war die Apokalypse, genauer gesagt ein Rollenspiel namens Apocalypse World von Meguey und Vincent Baker. Spiele, die seine Mechaniken und Prinzipien aufgreifen, bezeichnen sich oft schon selbst als „Powered by the Apocalypse“, kurz PbtA.

Ich werde einige dieser Mechaniken und Prinzipien anhand von zwei Beispielen erklären. Ich gehe weder systematisch noch erschöpfend vor, sondern erzähle aus eigenen (aber natürlich limitierten) Erfahrungen. Meine beiden Beispielsysteme sind Dungeon Word (von Adam Koebel und Sage LaTorra, 2012) und The Between (von Jason Cordova, 2021).

In vielen PbtA-Spielen würfeln nur die Spieler, und immer mit zwei sechsseitigen Würfeln. Sie zählen Modifikatoren hinzu oder ziehen sie ab. Es gibt mindestens drei mögliche Ergebnisse:

Ein Misserfolg tritt für gewöhnlich bei einer Summe von 6 oder weniger ein. Die Aktion schlägt möglicherweise fehl, jedenfalls aber stößt den Hauptfiguren der erzählten Geschichte etwas Schlimmes zu.

Eine Summe zwischen 7 und 9 bedeutet einen Teilerfolg: Die Aktion gelingt, aber die nächste Bedrohung deutet sich schon an. Nur wenn das Ergebnis 10 oder mehr beträgt, hat die handelnde Figur einen vollen Erfolg erzielt und kann einen Moment durchschnaufen.

Diese auf den ersten Blick banale Würfelkonvention besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Außerdem prägt sie die gemeinsame Erzählung. Das häufigste Ergebnis ist der Erfolg mit Komplikation. Dadurch wird die Geschichte einem Film oder Roman ähnlicher: Kaum löst die Gruppe ein Problem, tut sich schon das nächste auf.

Spielzüge als Regelmodule

Einzelne Spielzüge variieren diese Mechanik. Sie fügen dem Prinzip etwas Spezifisches hinzu.

In einem Fantasy-Rollenspiel wie Dungeon World gehören Kämpfe mit Monstern zum Genre. Dungeon World hat daher mehrere Spielzüge für solche Aktionen. Einer heißt Hauen und Stechen, ein anderer Verteidigung und ein dritter namens Salve abgeben regelt Fernkampfangriffe. Sie legen fest, wann Spielfiguren Schaden verursachen, Munition verlieren oder auch Schaden nehmen.

The Between ist ein Spiel über Monsterjäger im viktorianischen London. Es hat keine spezifischen Spielzüge für Kämpfe, wohl aber für das Sammeln von Informationen, das Aufstellen einer Theorie auf Basis der erhaltenen Hinweise oder auch das Bannen von Geistern.

The Between - Figurenblatt The American mit Würfeln

Spielzüge sind also Regelmodule. Manche erfordern Würfe nach dem genannten Schema. Andere definieren ganz ohne Einfluss des Zufalls neue Regeln. Immer dienen sie dazu, das Genre zu verstärken.

Spielzüge können für alle Figuren verfügbar sein oder nur für bestimmte. Jeder kann Verteidigen oder Gefahr trotzen. Nur die Druidin kann sich in Dungeon World vorübergehend in ein Tier verwandeln. Nur die „Mother“ (ein von Dr. Frankenstein inspirierter Wissenschaftler) kann in The Between Leichenteile sammeln und zu einem artifiziellen Lebewesen zusammenfügen.

Die Spielerinnen finden die Spielzüge ihrer Figur üblicherweise auf dem Figurenblatt selbst aufgedruckt. Spielhilfe und „Charakterbogen“ sind also eins.

Natürlich haben auch traditionelle Rollenspiele klassenspezifische Fähigkeiten. Die Spielzüge in PbtA-Spielen verändern die Erzählung aber stärker, lösen etwa in The Between ganze Szenen aus.

Die Rolle der Spielleitung

Durch ihre Spielzüge tragen die Spieler mehr zum Geschehen bei. Anders als traditionelle Spiele benötigen PbtA-Spiele keine vorbereiteten Abenteuer. Insbesondere Module mit festem Plot lassen sich mit PbtA-Systemen nur schwer spielen, da es an Flexibilität fehlt.

Das heißt aber nicht, dass PbtA-Spiele nicht von Vorbereitung profitieren. Ich persönlich bereite mich gern auf Rollenspiel-Sessions vor und bin überzeugt, dass diese davon profitieren.

Letztlich braucht diese Spielweise eine andere Vorbereitung, nämlich Elemente, die flexibel in die Geschichte hineinpassen. Zum Beispiel simple Listen von Zwischenfällen oder Hinweisen und Gerüchten.

Merkwürdige Nichtspielerfiguren und spannende Schauplätze sind weiterhin gefragt. Nur sollte die Spielleitung nicht vorab festlegen, wer wann an welchem Ort ist. Und wenn die Spielerinnen einen Bäcker aufsuchen, man aber einen skurrilen Gerber vorbereitet hat, treffen sie eben einen Bäcker mit den Eigenschaften und Marotten des Gerbers.

Auch formal definieren PbtA-Spiele die Rolle der Spielleitung als eine besondere. Angefangen damit, dass sie nicht würfelt.

Die Spielleitung hat eigene Spielzüge. Ist sie am Zug, weil eine 6- gefallen ist oder alle Spielenden zu ihr schauen und wissen wollen, was als nächstes passiert, führt sie einen davon durch: einen Konflikt andeuten, eine Dilemma beschreiben oder eben schildern, wie Nichtspielerfiguren ihrem jeweiligen Ziel näher kommen.

Neben Zügen geben viele PbtA-Spiele der Leitung wie den Spielenden auch Prinzipien an die Hand. Für die Spielleitung gilt in The Between, dass sie die Welt und alle Menschen in ihr möglichst real wirken lassen und ein Fan der Spieler:innen sein soll. Folglich wird sie ihnen schwere Hindernisse in den Weg stellen, auf dass sie zu wahren Heldinnen werden – oder glorreich untergehen.

Die Prinzipien von The Between gehen aber noch weiter. Die Spielleitung wird aufgefordert, die am Tag spielenden Szenen freier laufen zu lassen und in der Nacht die Zügel straffer anzuziehen. Horror und Monstren aber soll sie möglichst sachlich schildern.

Das sind keine nervigen Einschränkungen, sondern Tipps zum Ablauf des Spiels, klar und eindeutig formuliert als Prinzipien. Gerade durch solche Konzentration auf die praktische Umsetzung am Tisch, die Aufgabenverteilung und den Dialog, hat PbtA die Spielkultur nachhaltig verändert.

Viktorianische Geisterjäger mit Bärenkräften

by Florian

Wir haben The Between gespielt. Mein Kopf ist noch voll davon. Lasst mich erzählen.

The Between – so heißt ein 2021 erschienenes Rollenspiel über Geisterjäger im viktorianischen London. Es ist als eine Kurzkampagne mit einer die einzelnen Bedrohungen überspannenden Verschwörung und einem großen Finale angelegt.

Wir haben diese Kampagne zu viert Ende September begonnen und jetzt im Februar beendet. Ursprünglich bestand die Hoffnung, das in zwölf Sessions zu schaffen, am Ende waren es 20.

Es war die großartigste Rollenspielkampagne, die ich je gespielt habe. Wenn ich im Folgenden hier und da auch kritische Bemerkungen über The Between mache, so möchte ich das vor diesem Hintergrund verstanden wissen. Ich suche immer nach Ansätzen, Dinge zu verbessern oder zumindest anders zu lösen.

The Between - Figurenblatt The American mit Würfeln

Das Team

Die Figuren sind Geisterjäger, aber mit so spektakulären Fähigkeiten, dass Autor Jason Cordova sogar von einem viktorianischen Superheldenrollenspiel spricht. Unsere Truppe bestand aus:

  • Baston Bonhomme, einem auffällig gekleideten, nur scheinbar jungen Mann mit einer Vorliebe für elegante Kleidung, Kokain und Opium und andere junge Männer. Er altert nicht, seine Sünden zeichnen sich statt in seinem Gesicht auf einem Gemälde ab, das er in einem Geheimversteck aufbewahrt,
  • Geoffrey Beckland, einem Wissenschaftler, der den Tod des geliebten Bruders dadurch kompensiert, dass er ihn aus Leichenteilen nachzubauen sucht, und
  • Dynamite Dotty, der Tochter der Daltons aus Boston, einer vor ihrer Familie erst in die Wildnis und dann nach England vertriebenen Frau mit tierischen Instinkten: In ihr stecken die Kräfte eines Grizzlybären.

Die Playbooks – Klassenbücher könnte man sie analog zu Dungeon World nennen – sind nicht nur Kostüme, in die sich die Spielfiguren kleiden. Sie prägen die Geschichte, sie tragen in jeder einzelnen Spielsitzung narrative Elemente bei. So muss die Gestaltwandlerin The American in jeder Abendphase würfeln, ob ihre tierischen Instinkte die Oberhand gewinnen, und The Mother (der Leben aus Leichenteilen konstruierende Wissenschaftler) kann seinen Hilfstrupp ausschicken, um Gräber zu plündern.

Natürlich bietet jedes Klassenbuch auch Spielzüge an, die der Figur erlauben, Hindernisse auf ihre spezielle Art zu beseitigen. Schließlich aber sind die Playbooks mit den Bedrohungen verzahnt. Nichtspielerfiguren reagieren unterschiedlich auf bestimmte Klassenbücher. Die Playbooks sind nicht Accessoires, sondern Teil der Kampagne.

Die Fälle

Die Jäger spürten einem Vampir in Kindergestalt, einem Mönche zu Schandtaten verführenden Dämon und einer Metzgersfamilie nach, die Menschen zu Pasteten verarbeitet. Für diejenigen, die das Spiel kennen, zähle ich die bewältigten „Bedrohungen“ auf:

  • The Limehouse Lurker
  • The St James’s Street Ghost
  • The Demon of Kilburn Abbey
  • Sally-No-Face
  • The Lord and Ladies of Weymouth Hall
  • The Creature of Cremorne Gardens
  • The Whateley Camera
  • Figg’s Pigs
  • The Pinkerton

Diese Bedrohungen oder Fälle bestehen ergebnisoffen aus Örtlichkeiten, Personen und Hinweisen. Die Spieler müssen Fragen beantworten. Ob sie recht haben, sagt ein Wurf, dessen Erfolg von der Zahl der gefundenen und für die Theorie genutzten Hinweise abhängt.

Stimmt die Theorie, schlägt der Fall ein, zwei Lösungsmöglichkeiten vor. Die Spieler beziehungsweise ihre Figuren sind also frei darin, etwa die Geschichte des Dämons im Lauf der Jahrhunderte zu rekonstruieren: Sie erfinden sie letztlich auf Basis der Hinweise, die die Spielleitung ihnen an die Hand gibt.

Am Ende aber müssen sie den Dämon verbannen. Hier werden die Handlungsfäden wieder gestrafft. Ich habe diese Vorgaben gelegentlich als einschränkend empfunden.

Schade fand ich, dass sich viele Fälle in einem einzigen Gebäude abspielen oder zumindest nur einen Nebenschauplatz haben, so der Ghost, die Abbey, Weymouth Hall, die Whateley Camera und Figg’s Pigs. Ich hätte die Spieler gerne mehr durch London laufen lassen, wie in Cthulhu by Gaslight.

Der Mastermind-Plot

Während die Spielfiguren Dämonen bannen und Fischmonster ins Exil nach Kopenhagen schicken, bedroht ein Oberschurke nicht nur London, sondern das ganze britische Empire in Person Ihrer Majestät, Königin Victoria. Es ist – Achtung, kleiner Spoiler! – die ehemalige Piratin Theodora Brathwaite. Und ich hatte als Spielleiter Bedenken, wie ich sie als Antagonistin spielen sollte.

Theodora sticht aus der konservativen Gesellschaft ihrer Zeit hervor – ganz wie die Geisterjäger. Sie ist weiblich und farbig, sie liebt Frauen, gibt hedonistische Partys, statt verlogen Frömmigkeit zu heucheln. Sie steht den Werten der Spielfiguren durchaus näher als Queen Victoria.

Zum Glück hat The Between dafür eine Lösung. Indem Theodora, ihre Tochter Tatiana und ihre diversen Helfer immer wieder die Ermittlungen stören, werden sie den Geisterjägern furchtbar lästig, und wenn sie in der einen oder anderen Situation die Oberhand behalten, beginnen die Spielenden, sie herzlich zu hassen.

Den Abschlussfall, die große Verschwörung, entwickelt jede Spielleitung aufgrund des Kampagnenverlaufs selbst. Es ist also kein Spoiler, wenn ich verrate, wie es bei uns gelaufen ist.

Theodora Brathwaite plante, die Queen bei einer öffentlichen Veranstaltung zu entblößen. Sie sorgte dafür, dass Victoria ein bestimmtes Kleid trug, das mit einer Chemikalie bespritzt durchsichtig würde. Die Queen stünde nackt vor allen Leuten, die Welt würde über sie, ihr Empire und ihre Untertanen lachen.

Kurz, die Kampagnenstruktur hat für uns großartig funktioniert. Nicht so glücklich war ich mit ihrem mechanischen Auslöser, nämlich hohen Würfelergebnissen bei einem bestimmten Spielzug. Das Voranschreiten der Kampagne sollte meines Erachtens nicht vollständig dem Zufall überlassen sein. Mit Pech passiert über mehrere Sessions hinweg auch mal gar nichts.

Ist es gruselig?

Ob The Between gruselig ist, können letztlich wohl nur die Spieler beantworten, aber ein paar Anmerkungen habe ich als Spielleiter auch.

Mir selbst fällt es schwer, übernatürliche Erscheinungen über einen gewissen Punkt hinaus ernst zu nehmen. Insofern bin ich wohl nicht der ideale Spielleiter für ein Horror-Spiel. Auch glaube ich, dass Spielende sich nicht richtig vor einem Vampir gruseln werden, dessen Geschichte sie gerade selbst aus merkwürdigen Hinweisen konstruiert haben.

Die Freiheit, die The Between den Spielenden lässt, fördert darüber hinaus bisweilen den Rückgriff auf Absurditäten, wenn ihnen gerade nichts Konkreteres einfällt. Und die Leitung steht dann vor der Frage, ob sie mit den Ideen der Spielenden mitgehen oder sie ausbremsen soll.

Dennoch hat The Between auch bei uns gruselige Momente gehabt. Manchmal waren es die Beschreibungen der Spielenden, wenn sie okkulte oder ghulische Aktivitäten ihrer Figuren schilderten. Oft auch ergaben sie sich aus möglichen üblen Wendungen missglückter Würfe.

Die Spielenden können nämlich ein negatives Ergebnis abwenden, indem sie eine von zehn „Masken aufsetzen“, die sie zugleich verpflichten, etwa ein finsteres Geheimnis aus ihrer Vergangenheit zu erzählen. Und weil das so ist, kann und muss die Spielleitung gegenhalten, mit tausend Toden und Verstümmelung drohen, die durch eine Maske dann in letzter Sekunde abgewendet werden.

Mit der letzten Maske allerdings scheidet eine Figur aus dem Spiel aus. Dieses Schicksal traf unsere Amerikanerin, die dauerhaft zur Grizzlybärin wurde und als solche in den Sherwood Forest entfloh. Immerhin bekam Nicole so die Gelegenheit, ein weiteres Klassenbuch auszuprobieren. Als Medium und Zauberin Fiona O’Rourke konnte sie dämonische Mächte für ihre Zwecke einspannen.

The Between ist ein aufregendes, innovatives Rollenspiel. Ich persönlich halte die ungewöhnlichen, in die Kampagne eng eingebundenen Playbooks für seine größte Stärke.

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Missionen und Meerschweinchen

by Nicole

2021 ist besser als 2020. Obwohl wir Großen Alten nicht wie im Vorjahr – kurz vor Beginn der Pandemie – an der Regionalen Vorentscheidung zur Deutschen Brettspielmeisterschaft teilnehmen. Damit fangen wir vielleicht wieder an, wenn das Turnier nicht virtuell, sondern in real life und mit Haselnusschnaps stattfindet. 2021 ist besser, auch wenn zum zweiten Mal die NördSpiel ausfallen muss, weil im Frühsommer die Zahl der Sars-CoV-2-Infektionen zu hoch und die Impfquote mangels Vakzin niedrig ist.

2021 ist ein gutes Jahr, weil wir viele schöne Momente haben. Zunächst beim Rollenspiel auf Discord, erst mit Beyond the Wall, dann beginnt unsere Brindlewood-Bay-Kampagne. 19 Mal treffe ich mich als backbegeisterte pensionierte Grundschullehrerin Bärbel Oberwallner mit meinen beiden zugereisten Freundinnen alias Carsten und Tilo sowie Florian als Rollenspielleiter in Bad Bründlholz, dem oberbayerischen Pendant zur US-Kleinstadt Brindlewood Bay, um Kriminalfälle zu lösen. Und ohne spoilern zu wollen, verrate ich euch: Das Schicksal des Meerschweinchens Knödel geht zu Herzen. Als die dunkle Verschwörung aufgedeckt ist, pausieren wir.

Fortan bin ich einmal wöchentlich verabredet, um digital und auf Discord plaudernd Brettspiele zu spielen mit Claudia, Carsten und Thomas. Ich lerne Yokohama, Viticulture, Deus und Praga Caput Regni kennen. Manchmal haben wir mehr Lust auf Klassiker, dann werden es die Burgen von Burgund, Race for the Galaxy oder Russian Railroads, Azul und Terra Mystica. Die Runde wird 2022 fortgesetzt. Hoffentlich auch mit Gaja Project, was es neuerdings auf Board Game Arena gibt. Ich freu mich drauf.

The Between und Die Crew - Mission Tiefsee
The Between und Die Crew – Mission Tiefsee

Irgendwann Mitte des Jahres sind die meisten in unserem Umfeld immunisiert, Familie, Freunde, Kollegen. Wir gewinnen Sicherheit, sehen wieder Menschen, fahren weg, besuchen den örtlichen Spieletreff (mit Maske) und spielen beim langen 2G-Wochenende im Herbst in Ruppertshofen fünf Tage durch – ohne Maske und wie aus der Zeit gefallen, während außenherum die Inzidenzen wieder steigen.

Auch unser Spiel des Jahres lernen wir dort kennen. Nachdem uns 2020 Die Crew – Reist gemeinsam zum 9. Planeten so gut gefallen hat, das wir es zu unserem Spiel des Jahres gemacht haben, setzt Die Crew – Mission Tiefsee noch eins drauf. Wir sind begeistert. Über 50 Partien werden es in den letzten beiden Monaten des Jahres, zu zweit, zu dritt, zu viert und zu fünft. Wie viele genau, wissen wir nicht, weil Florian aufhört, jede einzelne in der Statistik zu vermerken. Wir spielen Die Crew – Mission Tiefsee mit Vielspielern in Ruppertshofen und mit Freunden beim 2G-plus-Abend. Wir schenken es meiner Schwester und lassen den gemeinsamen 2G-plus-Spielenachmittag über Stunden damit ausklingen.

Autor Thomas Sing hat es noch einmal viel variabler gemacht. Selbst wenn wir alle Missionen irgendwann erfüllt haben, werden wir es sicher immer wieder hervorholen, so wie Hanabi oder Codenames Duett. Zwei kritische Anmerkungen habe ich dennoch: Ich bin keine langsame Spielerin, aber Hektik und Zeit stoppen sind mir zuwider. Das lassen wir weg. Und mit über 50 gewöhne ich mich nicht mehr so schnell an Neues. Tonoya soll der Dummy jetzt heißen. Für uns bleibt er der Jarvis aus der Reise zum 9. Planeten.

Mit Live-Spieleabenden sind wir zurzeit wieder vorsichtig. Unsere neue Rollenspielrunde auf Discord entschädigt dafür umso mehr. Diesmal ist es The Between. Seit Ende September versammeln wir uns regelmäßig mittwochs im London des 19. Jahrhunderts, um Übernatürliches zu besiegen. Manchmal vernichten wir es, manchmal haben wir Mitleid und schicken es nur nach Dänemark. 13 Mal sind wir schon zusammengekommen. Wie das ausgehen wird, weiß ich nicht, aber meine Dynamite Dotty von den Daltons aus Boston fühlt sich ziemlich wohl in der Gesellschaft ihrer Geisterjäger-Kollegen Baston und Geoffrey. Auch wenn beide, für amerikanische Verhältnisse, einen Riesenknall haben. Vielleicht aber auch gerade deswegen.

Unsere Spiele des Jahres

Insel der Glückseligen

by Nicole

Klaus findet Witchstone am besten, das neue Hexenspiel von Reiner Knizia. Tilo mag besonders Faiyum, von Friedemann Friese 2020 in Retro-Optik veröffentlicht. Gabie vergibt ihren Stern an die Leute und das Essen. Das freut mich, denn Gabie ist zum ersten Mal in Ruppertshofen dabei.

2020 hat die Seuche das lange Brettspielwochenende im Gästehaus Grüner Pfad verhindert. 2021 passiert uns das nicht noch mal. Alle Teilnehmer sind geimpft und tragen wie selbstverständlich fast überall Maske, nur nicht in den Spieleräumen. Die sind so groß, das man Sars-CoV-2 samt Hygienemaßnahmen für Stunden vergessen kann. Wir haben die Erlenhalle gebucht. Besser gesagt, den Versammlungsraum und das Bürgerstüble. In der Halle selbst stehen vor der Bühne und an einer Wand Tische für die Spiele, an der anderen Kaffee, Tee, Säfte, Wasser und ein gläserner Topf, der jeden Morgen wieder voller Schokolade ist.

Battlelore

Tierzüchter und Wiederholungstäter

Vier Nächte, fünf Tage: Am Donnerstag treffen die Ersten gegen Mittag ein, am Montag fahren die Letzten, als die Sonne schon an Kraft verliert. Den Auftakt des Wochenendes bildet Castles of Tuscany. Florian und ich haben das Stefan-Feld-Spiel mitgebracht, das viel von Burgen von Burgund übernimmt, aber doch ausreichend individuell ist, Thomas S. und Claudia lernen es kennen. Als letztes wird am Montag Tal der Kaufleute gespielt, ein Deckbuilder, bei dem ich Gabie, Klaus und Tilo nur kurz müde zuschaue. Nach 30 Partien, mal kürzer, mal länger, und vier Nächten mit zu wenig Schlaf bin ich platt.

Zwischen den beiden Spielen, die Anfang und Ende markieren, liegen große und kleine Runden in verschiedensten Besetzungen. Ich spiele mit allen, aber nicht alles, was ich mir vorgenommen habe. Pandoria zum Beispiel fällt dem Zeitmangel zum Opfer. Und Snowdonia. Dafür kommt Hallertau, das neue Rosenberg-Spiel, schon am ersten Nachmittag auf den Tisch. Während immer mehr Teilnehmer eintrudeln, verschieben Claudia, Thomas S. und ich dank unserer Umsicht beim Anpflanzen und in der Tierzucht beharrlich unsere Gemeinschaftshäuser nach rechts, um irgendwann Siegpunkte durchs Fenster winken zu sehen. Ich mag das Spiel, auch wenn ich bei unseren regelmäßigen Radtouren in der echten Hallertau noch nie Schafe gesehen habe.

Am Nebentisch freuen sich Bodo, Thomas O., Peter und Sabine so darüber, endlich wieder den Friedemann-Friese-Klassiker Funkenschlag auspacken zu können, dass sie nach einer Partie mit Gabie glatt noch eine mit Brigitte anhängen. Für Bodo und Thomas O. wird es das Wochenende der zweimal gespielten Mehr-Stunden-Spiele, denn am nächsten Tag sind sie zweimal hintereinander mit ihren Zwergen in größerer Runde in den Caverna-Höhlen unterwegs. Und an den beiden Tagen danach steht je eine Partie Gaia Project auf dem Programm, immer mit mir. Einmal ist noch Tilo dabei, einmal Carsten.

Am ersten Tag spielen wir brav nach den Vorgaben für die erste Partie. Das ist fordernd genug. Ich habe die gelben Xenos und als Besitzerin des Spiels den Vorteil intensiven Regelstudiums im Vorfeld des Wochenendes. In der sechsten Runde habe ich auf einmal das Gefühl, alles fügt sich. Tags darauf ändern wir nichts an der Position der Planeten, wählen aber unter allen 14 Völkern. Bodo probiert es noch mal mit den roten Hadsch Halla, Thomas hat sich in die grauen Mad Androids verguckt und Carsten übt sich im komplizierten Machtkreislauf der weißen Nevlar. Ich entscheide mich für die orangen Geoden, die Meister des Kolonisierens fremder Planeten sind. Diesmal kommt die Zuversicht schon in Runde fünf.

Eigentlich ganz nett

Andrea und Timo, die – von Carsten überzeugt, dass wir alle eigentlich ganz nett und angenehme Mitspieler sind – zum ersten Mal teilnehmen, lerne ich bei eine Reihe kleinerer Spiele kennen und schätzen. Das von ihnen mitgebrachte Come to Fishing Village ist bonbonbunt und pfiffig. Und in Tiefseeabenteuer hat Timo den Mut, noch weiter runter zu den wertvolleren Schätzen zu tauchen, und das Glück, dass wir alle früh wieder zurück im Boot sind und ihm den Sauerstoff nicht streitig machen. Das Meer hat es uns angetan.

Als Fünfer-Crew machen wir am Montag kurz vor dem Mittagessen auf die Schnelle noch Fortschritte bei der Mission Tiefsee. Carsten hat den Nachfolger von Die Crew reist gemeinsam zum 9. Planeten mitgebracht. Florian und ich sind begeistert. Wir wollen es bald zu Hause zu zweit ausprobieren.

Abgesehen von unserer feinen Tichu-Runde, lassen sich Brigitte und Sabine auch auf Krass kariert und Anno 1800 mit Florian und mir ein. Ich mag die Runden mit den beiden, weil alles so entspannt und ruhig ist. Brigittes Investition in eine Kanone im Jahr 1800 zahlt sich voll aus. Wir besuchen sie alle, um unsere Schiffe auszurüsten, was ihr reichlich Gold einbringt. Ich produziere Gin, Sabine Rum. Wenn sie nicht gerade ein Sommerfestle macht. Und Florian nutzt seine und unsere Ressourcen so gut, dass er als Erster seine Karten loswird und souverän gewinnt.

Wie geht‘s uns denn heute?

Florian setzt sich auch am vierten Tag in Steam durch. Sein Highlight des Wochenendes. Nicht weil er gewinnt, sondern weil Steam Steam ist. Auf der Nordamerika-Karte von Ted Alspach, wo die Waren knapp sind, dafür die Loks von Anfang sechs Felder Reichweite haben, startet er als Letzter, gründet eine neue Stadt, weil keiner vor ihm das schon in der ersten Runde tun wollte, und behauptet nach drei Stunden Rangeln um die besten Strecken mit einem Augenzwinkern, das sei entscheidend gewesen. Claudia spielt zum ersten Mal Steam. Den von mir gepriesenen Frauenbonus, die Männer nach den gewünschten Plättchen suchen und die Streckenbaukosten ausrechnen zu lassen, hat sie im Gegensatz zu mir nicht nötig.

Steam America

Mit Peter und Thomas K. bringe ich es auf eine Partie Hadara am Montagnachmittag kurz vor deren Aufbruch. Thomas K., der gerade Le Havre gewonnen hat, nimmt es mir nicht übel, dass er meinetwegen an der Stirnseite des Tisches am weitesten entfernt vom Spielbrett sitzt. Dort konzentriert er sich auf Rot und Militär. Sabine sammelt ihre Karten recht ausgewogen. Brigitte vergisst, in der ersten Runde auf die Ernährung zu achten, im Gegensatz zu Peter, der voll auf die grünen Karten setzt. Das zahlt sich aus, mit knapp 200 Punkten steigt er als Sieger ins Auto, um nach Hause zu fahren.

Am wenigsten spiele ich mit Klaus und Gabie. Ich hoffe darauf, dass sich irgendwann noch einmal die Gelegenheit ergeben wird, mir Red Cathedral erklären zu lassen. Klaus ist am Partyspiel-Samstagabend bei einer Partie Codenames dabei. Doch auch mit seiner souveränen Ansage „Australien vier“ und einem klaren Vorsprung ist nichts zu machen. Carsten, Sabine und Florian sind unschlagbar. Gabie ergänzt die Runde beim ersten Kneipenquiz des Wochenendes. Sie ist die Einzige, die bei Pluralis sanitatis auf „Wie geht‘s uns denn heute?“ kommt.

Das Gespenst und die Weltgeschichte

Stille Post extrem ist auch wieder fein, mein Interpretationsvermögen allerdings ausbaufähig. Sabines sich putzende Katze, die Katzenwäsche symbolisieren soll, sieht definitiv wie ein kotzender Hund aus. Dafür komme ich bei ihrer Zeichnung von See und Pferd auf Seepferdchen – der einzige Begriff, der bis zum Ende korrekt bleibt. Aus Brigittes Zoo wird ein Waldkindergarten. Vielleicht, weil sie die Gehege weggelassen hat. An meinen Malkünsten muss ich auch noch arbeiten. Mein Homer Simpson mit Glubschaugen und Donut sieht für Tilo wie Frodo mit dem Ring aus. Und der verwandelt sich im Laufe der weiteren Stationen zu Hui Buh.

Das Schlossgespenst tritt am nächsten Abend noch einmal auf. Beim zweiten und letzten Kneipenquiz. Das schließt sich an das traditionelle Brief History of the World an. Diesmal mischen neben Carsten, Florian, Thomas S. und mir auch Thomas O. und Claudia die Karten der Weltgeschichte neu. So souverän Alexandra ihre Elefanten über die Alpen führt, Attila der Hunnenkönig seine Nachbarn heimsucht und Dschinghis Khan sich von der Mongolei aus ausbreitet, am Ende sind die 15 Armeen und drei Gratis-Forts der Gaia Julia Cäsaria spielentscheidend.

Zurück zu Hui Buh und den Kneipenquiz-Fragen: Unsere Kindheit ist zu lange her. Keiner erinnert sich daran, dass sich Ritter Balduin wegen Falschspiels aus Versehen selbst verflucht. Vermutlich weiß es Gabie, doch die ist da schon im Bett. Wieder scheitern wir auf der höchsten Stufe In your Dreams. Aber man sollte sich auch noch Ziele fürs nächste Jahr aufheben. Da ist das Gästehaus wieder vom 28. Oktober bis 1. November für uns reserviert. Vielleicht stoßen dann erneut ein paar nette Neuzugänge hinzu. Und hoffentlich klappt das Wiedersehen mit Ulrike und Joachim, die in letzter Minute absagen mussten. Wir haben sie vermisst. Und das Marco Polo 2, das sie mitbringen wollten.

Erlenhalle

Blanke Namen zum Ausklang

Was alles auf den Tischen in der Erlenhalle lag:
7 Wonders, A Fake Artist Goes to New York, Aeon’s End, All Bridges Burning (GMT), Anno 1800, Archipelago, Avalon, Barrage (Wasserkraft), Battlelore, Blackout Hong Kong, Bonfire, Brass – Birmingham, Brief History of the World, Castles of Tuscany, Caverna, Chicago 1875 – City of the Big Shoulders, Clever Hoch drei, Codenames, Come to Fishing Village!, Concordia mit Erweiterungen, Conquest of Paradise (GMT), Das Zepter von Zavandor, Decrypto, Der Widerstand, Die Crew – Mission Tiefsee, Die Siedler von Catan, Dominant Species (GMT), Ein Fest für Odin, Eine wundervolle Welt, Era of Tribes, Faiyum, Fantastic Factories, Flamme Rouge, Flash Point: Fire Rescue, Forgotten Waters, Fort Sumter (GMT), Funkenschlag, Gaia Project, Glen More II, Grand Austria Hotel, Great Western Trail, Hadara, Halle des Bergkönigs, Hallertau, Hansa Teutonica, Inhabit the earth, Just One, Kemet (Matagot), Kingdomino, King of Tokyo, Kitchen Rush, Kneipenquiz, Kokopelli, Krass kariert, Le Havre, LlamaLand, Lorenzo der Prächtige, Lost Ruins of Arnak, Lovecraft Letter, Machi Koro + Erweiterung, Mage Knight, Merv, Monumental, Navegador, Neom, Newton, Nova Luna, Oregon, Pact, Paleo, Pandoria, Pericles (GMT), Pitchcar Mini, Poison, Praga Caput Regni, Project L, Race for the Galaxy, Rajas of the Ganges, Red Cathedral, Renature, Res Arcana, Roll for the Galaxy, Root + Riverfolk, Saboteur, Sag’s mir / Familie, Schotten-Totten, Snowdonia, Space Base, Space Corp 2025-2300 AD (GMT), Splendor, Steam, Stille Post extrem, Switch and Signal, Tabu (Midnight), Tal der Kaufleute, Tekhenu, Tempel des Schreckens, Terraforming Mars mit allen Erweiterungen, The Mind, Tichu, Tiefseeabenteuer, Trans Europa, Underwater Cities, Vanuatu, Village, Watergate, Witchstone, Zirkadianer – erstes Licht.

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