Kämpfe in Dungeon World

von Florian

Ich gestehe: Nach den ersten Sitzungen Brindlewood Bay und The Between habe ich mich völlig überfordert gefühlt. Ich sollte da Würfe abwickeln, Komplikationen suchen, Hinweise wählen und modifizieren – und alles gleichzeitig.

PbtA-Rollenspiele sind vielleicht nicht schwerer zu leiten als traditionelle Systeme wie Dungeons & Dragons oder Das schwarze Auge. Sie erfordern aber mindestens eine Eingewöhnung. Eine Umstellung.

Das meistgenannte Beispiel für diesen Prozess sind die Kämpfe im PbtA-Spiel Dungeon World. Mit einem mechanischen Wechselspiel von Attacke und Parade ist es hier nicht getan. Die Spielleitung (SL) muss aktiv Szenen gestalten, Manöver schildern, die Bedrohung steigern, neue Gefahren andeuten und einführen.

Neulich hat auf Twitter mal wieder jemand in die Runde gefragt, wie sich Kampfszenen in PbtA-Spielen origineller gestalten, vielleicht auch besser vorbereiten lassen. Meine erste Reaktion: keine Ahnung, ich find’s auch immer wieder schwierig.

Den Kampfplatz bereiten

Ich habe aber noch länger darüber nachgedacht und kann jetzt doch eine Idee präsentieren, natürlich ungetestet. Sie basiert auf dem Konzept der Paint the Scene Questions von Jason Cordova.

SL-Spielzug: Den Kampfplatz bereiten
Wenn ein Nah- oder Fernkampf unausweichlich ist, kannst du die Charaktere reihum fragen: Als du dich in Erwartung des Kampfs umschaust, welches Landschaftsmerkmal oder welche Pflanze, welche Raumausstattung oder welches Möbel siehst du, die dir gleich von Nutzen sein könnten?

Gehen wir Schritt für Schritt durch, was dieses Regelmodul besagt.

Es wird ausgelöst, wenn sich die Figuren auf einen Kampf vorbereiten, also etwa eine Spielerin sagt: „Ich ziehe mein Schwert“ oder „ich straffe den Riemen meines Schildes“ oder dergleichen. Es wird nicht ausgelöst, wenn die Figuren in einen Hinterhalt geraten und lediglich reagieren. Ein solcher Hinterhalt ist vielmehr ein harter SL-Spielzug, den die SL vielleicht vorbereitet oder rechtzeitig durchdacht hat. In dem Fall muss sie selbst den Kampfplatz schildern.

Wie geht’s weiter?

Aber nehmen wir an, die Spielerinnen lösen den Spielzug aus. Jetzt fragt die SL also, was in ihrer Umgebung sie im Gefecht weiterbringen könnte. Reihum nennt jede Spielerin ein Merkmal: in einem Innenraum beispielsweise einen Barhocker, einen Besen oder eine mächtige Flügeltür, eine Anhöhe, ein Gebüsch oder eine Pfütze bei einem Kampf auf offener Straße.

Diese Raumausstattung und Landschaftsmerkmale können nun die Spielenden selbst in die Fiktion einbauen, um ihre Kampfmanöver abwechslungsreich zu beschreiben. „Als der Ork heranstürmt, empfange ich ihn mit gezogenem Säbel. Im letzten Moment aber stapfe ich mit dem Stiefel in die Pfütze, dass der Dreck bis in seine Augen hochspritzt!“

Neue Möglichkeiten schaffen

Auch die Spielleitung hat neue Optionen, im Kampf Regie zu führen. Insbesondere können die Gegner den Stein mit der tollen Rundumsicht, den Besen oder den Barhocker ebensogut nutzen wie die Spielfiguren.

Ein weicher Spielzug wäre dann etwa, dass die Barbarin ihre vorteilhafte Position auf dem Stein verliert oder die Affenkönigin die Liane vor dem Krieger erreicht. Ein harter Spielzug könnte ein Sturz vom Barhocker mit entsprechendem Schaden sein.

Was mir wichtig ist: Die Spielenden tragen hier aus Charaktersicht zur Welterschaffung bei. Sie definieren sie nicht, sie schaffen Möglichkeiten. Ob die genannten Büsche und Felsbrocken und Tafeln und Türen wirklich nützlich sind, muss sich erst noch herausstellen. So könnte die SL die Spieler mit einer reißenden Liane oder nachgebendem Boden überraschen. Sie ist nicht an die Ideen der Spieler gebunden.

Die Gruppe gestaltet gemeinsam die Szenerie, aber die Spielenden denken sich nicht die Hindernisse aus, die sie überwinden müssen. Dafür ist weiter die SL verantwortlich. Denken wir an das Beispiel des Hinterhalts von oben, der eine als harter Spielzug vorbereitete Szene war.

Zu den Spielleiterprinzipien von Dungeon World zählt: Stelle Fragen, benutze die Antworten. Nicht mehr und nicht weniger versucht dieser Spielzug zu leisten. Ich hoffe, dass ich ihn bald mal ausprobieren kann.

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