Juli 2019: Es kann nur einen geben
by Florian
Hurra, ich bin mal rechtzeitig dran mit meinem Monatsrückblick.
Flamme Rouge
Es gäbe eine naheliegende Einleitung. Juli, Tour de France. Entweder als gut informierter Fan: ohne Froome und Dumoulin spannend wie nie. Oder man könnte ein wenig über Doping lästern, womöglich als selbstgerechter Anhänger eines anderen Sports, in dem es keine ernsthaften Dopingproben gibt, obwohl sich Laufpensum und -intensität in den letzten fünfzehn Jahren um 50 Prozent gesteigert haben. Ich rede von Fußball.
Aber ach was. Wer sauberen Sport will, muss ihn selbst machen, rät Friedrich Küppersbusch. Ich spiele mit ungezinkten Karten und trinke, wenn ich radle, nur Wasser. Ich spiele gegen Nicole und gegen alle, die es wagen. Und wenn sich keiner traut, spiele ich Flamme Rouge auch allein. Seit der Peloton-Erweiterung stehen unabhängig von der Spielerzahl immer mindestens drei Teams am Start.
Flamme Rouge kann ein Glücksspiel sein, aber gewiss nur, wenn jeder weiß, was er tut. Der Autor Asger Harding Granerud berichtet, in seiner privaten Runde werde die Strecke Tage vor dem Rennen bekannt gegeben, damit sich jeder einen Rennplan zurechtlegen kann. Der wird dann möglichst umgesetzt.
Manchmal kommen die Karten nicht, wie sie sollen. Dann muss man improvisieren. Das kann in die Hose gehen.
Meistens aber verliere ich aus Unfähigkeit. Ich verliere häufig, aber ich lerne langsam dazu, und manchmal bringe ich sogar meinen Sprinter über den Berg, um am Ende gnadenlos das Tempo anzuziehen und mit großem Vorsprung zu siegen. Nicht oft, aber umso lieber denke ich daran zurück.
Just One
Überraschung! Der Vierkirchner Spieletreff existiert noch. Und er hat gute Laune. Wenn etwa Philipp seinen Auftrag vergisst, den Schlüssel vorbeizubringen, und dann erst im dritten Anlauf den richtigen erwischt, haben wir garantiert schon zwei Runden Just One gespielt, draußen vor der Tür, im Stehen.
„Das Raten ist ja gar nicht so einfach, wie ich erst dachte“, sagte Max und kam leider nicht darauf, was „Kürbis“ mit „Zitrone“ zu tun haben könnte. Beim nächsten Mal klappt es besser, und dann vielleicht gemütlich im Sitzen.
Allerdings definitiv ohne Sergej. In den Sommerferien verabschiedet er sich nach Nordbayern. Mach’s gut, Sergej, mit dir war es lustig. Wir wünschen dir alles erdenklich Gute – und einen netten Spieletreff in der Nähe.
Just One haben Ludovic Roudy und Bruno Sautter erdacht. Es ist gerade zum Spiel des Jahres 2019 gewählt worden.
Watson & Holmes
Wir sind durch. Alle dreizehn Fälle haben wir bewältigt. Fünf davon mit Auszeichnung.
Watson & Holmes von Jesús Torres Castro ist der kompetitive Bruder von Sherlock Holmes: Consulting Detective. Wir lösen Kriminalfälle mit Hilfe von Einträgen, die hier nicht in einer Fallakte, sondern auf Karten stehen. Letzten Herbst haben wir begonnen, jetzt im Juli die zweite Hälfte gelöst. Es fing gut an, es macht Spaß wie die meisten Krimipuzzle … aber drei Einwände habe ich doch.
Erstens: der Wettbewerbscharakter. Ist es wirklich sinnvoll, ein Krimispiel als Wettbewerb auszulegen? Daran sind schon viele Spieleautoren gescheitert. Wir sind doch keine Kriminellen, jeder von uns will, dass der Mörder entlarvt wird. Jede gute Idee ist willkommen. Nicole und ich rätseln jedenfalls lieber gemeinsam und sind schon ab dem zweiten Fall zu einem selbst erdachten kooperativen Modus gewechselt.
Zweitens: die Qualität der Fälle. An Consulting Detective kommen sie lang nicht heran. Die Schwierigkeit besteht oft darin, ohne besonderen Grund an einen bestimmten Ort zu gehen, um dort eine wichtige Information zu erhalten, die überall stehen könnte. Etwa eine unvermittelte Einsicht von Holmes, die er uns jederzeit referieren könnte, aber nein, es bekommt sie nur zu hören, wer zusammen mit dem Meisterdetektiv die Toilette aufsucht …
(Nein, das war kein Spoiler.)
Und drittens: die sprachliche Qualität. Watson & Holmes leidet unter ungenauer Sprache. „Nur die Fakten zählen“, lässt uns Sherlock wiederholt wissen. Die Fakten, die wir in Form von Sprache vermittelt bekommen. Leider unpräzise. Das Lesen der Hinweise hinterlässt viele Fragen. Ist das Absicht? Manchmal ja, denke ich. Da bleiben Sätze schwammig, damit die Lösung nicht zu nahe liegt. Manchmal sicher auch aus Versehen. Und dann hat sich das Problem durch eine miserable Übersetzung ins Deutsche verschärft. Ich könnte hier seitenweise Sätze zitieren, aus denen sich problemlos der englische Text reproduzieren lässt, die aber auf Deutsch schlampig und falsch sind. Gerade für ein literarisches Spiel sollte man als Verlag einen fähigen Übersetzer engagieren, wenn man sich nicht blamieren will. Asmodee hat sich mit Watson & Holmes blamiert. Zumindest in Vierkirchen.
Würfel-Bohnanza
Wir waren wieder im Spielehotel Tschitscher in Nikolsdorf bei Lienz. Der Wirt hat uns nicht nur eine Jause bereitet, als kein Abendessen aufzutreiben war, sondern beim Auftischen auch dieses lustige Würfelspiel von Oberbohnenbauer Uwe Rosenberg erklärt. Ein Moment, der im Gedächnis bleibt.
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