Spielen in Vierkirchen

Brett- und Kartenspiele im Norden von München

Tag: Star Realms

Mai 2019: Mit 250 Gramm Ballast durchs Land

by Florian

Im Mai habe ich mit dem Rad 250 Gramm Extragepäck nutzlos erst von Würzburg nach Bremen und dann Rhein und Neckar hinauf bis nach Stuttgart transportiert. So verlief nämlich unsere Urlaubsroute. Der Ballast, das war natürlich ein Spiel: eine Deckbox mit Star Realms: Colony Wars darin.

Star Realms ist wahrhaft kein Schwergewicht. Ich meine jetzt, so als Spiel. Und doch war es uns am Ende eines Radtags stets zu mühsam, die Karten auszulegen, Startdecks auszugeben, Schiffe zu kaufen und aufeinander loszuballern.

Ja, es klingt kaum glaubwürdig. Ich kann es mir selbst nicht mehr vorstellen, jetzt, entspannt im Bürostuhl zurückgelehnt. Zu müde für Star Realms, hahaha. Und doch war es so.

Knister

Stattdessen begann der Abend zumeist mit der Wahl von Speisen und Getränken in einem Restaurant irgendwo in Deutschland. Und während der Wartezeit spielten wir Knister.

Für Knister braucht jeder ein Blatt vom Wertungsblock, einen Bleistift und zwei Würfel. Würfel klackern laut, Leute könnten sich gestört fühlen, also würfelten wir virtuell auf meinem Mobiltelefon. Das hatte ich sowieso dabei, um mich täglich über die Ergebnisse des Giro d’Italia zu informieren. Und um Fotos zu machen. Wozu man Mobiltelefone halt so benutzt.

25-mal fallen bei Knister von Heinz Wüppen die beiden Würfel. Jeder trägt jede Zahl auf seinem Wertungsblatt ein. Am Ende erhält er Punkte für jede Waagrechte, Senkrechte und Diagonale. Bis wir durch sind, stehen längst die Getränke auf dem Tisch, und wir können auf den Sieger anstoßen.

Blogger auf Rad

Word Mastermind

Knister hat einen weiteren Vorteil: Die Rückseite der Wertungsblätter ist leer. Jeder schreibt nun ein Wort mit vier Buchstaben darauf. Schon sind wir bereit, Word Mastermind zu spielen.

Mastermind kennt jeder, der in den Achtzigerjahren alt genug war zum Spielen, oder? Ein Spieler muss hier eine Farbkombination erraten. Sein Partner übernimmt die Rolle des Computers, er markiert mit schwarzen Steckern Volltreffer und mit weißen korrekte Farben, die an falscher Position sind.

Genauso funktioniert Word Mastermind. Nur halt mit Buchstaben statt Farben.

Beispielsweise schreibe ich als mein geheimes Wort MOND auf. Nicoles erster Rateversuch lautet NIMM. Ich melde ihr „zwei Weiße“: M und N sind korrekt, aber an der jeweils falschen Stelle. Dann rate erst einmal ich. Nach zwei bis sechs Tipps ist das Wort erkannt. Wer weniger Versuche benötigt hat, gilt für die Statistik als Gewinner der Partie. Aber eigentlich gewinnen beide. Es macht Spaß, und spätestens zu Spielende sind die Bestellungen da. Wir können unseren gewaltigen Radfahrerhunger stillen.

Die für den Tippenden schönsten Runden sind übrigens solche, wo er auch mal null Treffer hat – und zwei- oder dreimal bloß einen Weißen. Dann fängt das große Grübeln an. Und nach zehn Minuten Nachdenken, schwupps, findet man endlich ein passendes Wort. Dem Gegner klappt die Kinnlade herunter und er sagt: „Vier Schwarze“. Das passiert gar nicht so selten.

Lama

Ein Lama von Reiner Knizia hatten wir auch im Gepäck. Wir brachten es unserer alten Freundin Sabine mit, die wir in der Nähe von Bremen besuchten.

Besonders Sabines Tochter Clara begeisterte sich für Lama. Speziell am ersten Abend, als sie den Vielspieler-Besuch Partie für Partie ablederte. Am zweiten Abend lernte sie dann etwas über Frau Fortunas Launen.

Übrigens waren wir gerade in einem Wald in der Nähe von Osnabrück, als wir erfuhren, dass Lama auf der Liste der Nominierten fürs Spiel des Jahres 2019 steht. Ebenfalls nominiert sind Just One und Werwörter. Da hatten wir den Rest des Tages ordentlich was zu besprechen. Gepriesen seien Mobiltelefone.

Verflucht

In Soest führte uns unser Freund Jost ins Museum. Wir erfuhren, wie die Belagerung des Erzbischofs von Köln in der Soester Fehde endete, wie man einen Zahn zulegt, um den Kochtopf über der Herdglut abzusenken, und an welcher Stelle die auf dem Abort abgesonderten Exkremente einst die Hausmauer hinuntergerutscht kamen. Und natürlich hatte Jost ein Spiel im Gepäck.

Es war Verflucht von Steffen Benndorf, und wir haben es letztes Jahr daheim oft gespielt. Aber Jost war mit unseren Fähigkeiten nicht zufrieden. Wir hätten nicht begriffen, sagte er, dass wir nicht immer nur rote Karten vom verdeckten Nachziehstapel ziehen dürften.

Selbst machte Jost es allerdings nicht besser. Ich erklärte ihm mit dem ganzen Charme meiner Aufrichtigkeit, auch er habe wohl die nötige Strategie nicht ganz drauf. Die besteht schließlich darin, grüne Karten nachzuziehen.

Zwei Partien verloren wir, der Spaß hielt an, das Geschimpfe ließ nicht nach. Verflucht ist ein Glücksspiel, aber man muss sich schon auch gut absprechen. In der dritten Partie hatten wir ein Quäntchen mehr Glück, sprachen uns ein Quäntchen besser ab – und gewannen. Zufrieden konnte Jost das Spiel in die Tasche packen, und wir zogen weiter in ein hervorragendes Restaurant, wo schon Josts Frau Simone auf uns wartete. Gespielt wurde nicht mehr, weshalb der Bericht an dieser Stelle abbricht. Tschüss und bis frühestens Ende Juni.

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Oktober 2018: Weltreise beendet

by Florian

Willkommen zurück, meine Damen und Herren, liebe Mitspieler. Wir fahren langsam und vorsichtig den Server wieder hoch, um über vier Spiele zu berichten, die unseren Oktober 2018 geprägt haben.

South African Railroads

Dieses Spiel von John Bohrer aus dem Jahr 2011 gilt heute als eines der besten Winsome-Spiele. Es wurde wie bei diesem Kleinverlag üblich als Teil eines Essen-Sets verkauft, als Katze im Sack mit insgesamt drei, vier neuen Eisenbahnspielen oder Erweiterungen zum Einheitspreis von 100 Euro. Abholung nur am ersten Messetag bis 12 Uhr!

Ganz so heftig in die Eisenbahnspielerszene involviert bin ich nicht, und nach Essen kriegt mich auch kein Winsome-Spiel, aber 2013 gab es einen Nachdruck, der von Pittsburgh aus um die Welt versandt wurde. Auf dem A4-Umschlag, den ich erhielt, stand übrigens wegen des Zolls als Wertangabe 20 Dollar. Drin waren handgeschnittene Tonpapier-Aktien und Holzwürfel für Streckenausbauten. Ein hässliches Sammlerstück. Ich legte es stolz ins Regal, wo es bis zu diesem Monat Staub ansetzte, und ignorierte die auf Boardgamegeek regelmäßig eingehenden Kaufanfragen. Das Spiel wurde nie wieder aufgelegt.

Jetzt im Oktober gab es im Vierkirchner Spieletreff die erste Partie. Drei Männer boten für die Aktien der sieben Gesellschaften. Ich erwarb die Central South African und führte sie Richtung Johannesburg. Michael kaufte eine Aktie der Cape Midland und machte sie so attraktiv, dass Christian einstieg. Sie entwickelte sich zur einzigen Gesellschaft, die im Lauf des Spiels alle fünf Aktien los wurde.

Die Regeln sind nicht kompliziert. Die Marktdynamik ist es. Wir stocherten im Nebel, jedoch immerhin jeder nach seinem System. Michael hatte die wenigsten, aber wertvolle Aktien und forcierte ein schnelles Spielende. Christian versuchte es mit Streubesitz und einer soliden Gesellschaft, die er allein für sich hatte. Ich lag dazwischen und verpasste, eine Versteigerung auszurufen, als die anderen beiden gerade kein Geld hatten.

Bei der Abrechnung vertaten wir uns erst einmal. Michael demonstrierte die hohe Kunst des Kopfrechnens, indem er die korrekte Dividende ausrechnete und die fälschlich ausgezahlten Beträge gleich wieder abzog. Fast gemein, dass er trotzdem nur auf dem dritten Platz landete. Christians breiter Aktienbesitz setzte sich am Ende durch.

Codenames Duett

Noch ein Codenames? Ich war skeptisch, als Codenames Duett vor einem Jahr die Spieleshops erreichte. Eine kooperative Zweispielervariante klingt ja gut, aber Nicole und ich spielen das normale Codenames doch schon oft und gern kooperativ.

Die positiven Stimmen im Web und Bekanntenkreis häuften sich. Ich erfuhr: Beidseitige Hinweiskarten sorgen für weniger Wartezeit. Ein Kampagnenmodus führt rund um die Welt. Hey, das ist ja fast wie Pandemic Legacy.

Zu meinem Geburtstag war es dann da. Ende Juli wurde die erste Partie gespielt. In achtzig Tagen wie bei Jules Verne, bis Mitte Oktober, spielten wir noch genau 68-mal und reisten dabei einmal mit Codenames Duett um die Welt.

Die Kampagne war geschafft: In allen Schwierigkeitsgraden, die Städtenamen tragen, hatten wir mindestens einmal gewonnen. Eines Tages werden wir das wiederholen. Aber dann mit den Karten aus dem Codenames-Basisspiel. Denn eine Beschwerde habe ich an den Verlag: Es sind einfach zu wenige Karten für fast 70 Partien in rund 10 Wochen. Wie oft lagen Hawaii und Bermuda auf dem Tisch. Ich kann sie nicht mehr sehen.

Die Frage, ob man zwei Codenames braucht, kann ich klar mit ja beantworten. Wer grübellastige Wörterspiele mag und sowohl zu zweit als auch in Gruppen zu vier oder mehr Leuten spielt, kann seinen Regalplatz nicht besser belegen als mit diesen beiden Schachteln.

Nur eine Warnung: Zu zweit hat Duett gegenüber dem normalen Codenames den riesigen Nachteil, dass nun nicht mehr einer die Küchenarbeit machen kann, während der andere über seinen Hinweis nachdenkt.

Istanbul – das Würfelspiel

Istanbul fand ich so lala, ganz nett, ein solides Spiel. Ich wollte es erst nicht kaufen, es wurde aber später zwecks Regvor-Vorbereitung angeschafft.

Im Herbst letzten Jahres kam das Würfelspiel auf den Markt. Ich lernte es auf der Spielwiesn. Nett, aber muss ich nicht daheim haben, war mein Urteil.

Elf Monate später gewann ich ein Exemplar.

Ja, seht ihr, über die Spiele für die Qualifikation zur Deutschen Brettspielmeisterschaft kann jeder mit abstimmen. Und unter allen, die abstimmen, verlost der Veranstalter zwei Spielepakete. Im Herbst 2018 war ich einer der Glücklichen. Mein Paket enthielt eben das Istanbul-Würfelspiel, Woodlands und Cuboro: Tricky Ways.

Keines dieser Spiele hat mich umgehauen. Alle drei machen Spaß. Aber richtig klasse ist es, so ein Spielepaket zu gewinnen. Wenn die Post die Wunderkiste bringt, und man weiß nicht, was drin sein wird. Ein paar Ladenhüter von vor vier Jahren, die die Verlagssponsoren loswerden mussten? Denkste. Drei aktuelle, drei richtig interessante Spiele. Einfach eine Kiste neues Material, um sich reinzulesen, reinzuspielen.

Nur die Wahl der Regvor-Spiele ist nicht ganz nach meinem Geschmack ausgegangen.

Star Realms

Im Juli waren wir wieder mal per Rad in Frankreich. Auf dem Rückweg kurz vor der Grenze trafen wir uns in Thionville mit Jenny und Thierry für einen Spieleabend. Zum Abschied gab uns Jenny Star Realms samt Erweiterung Colony Wars mit: Das würden sie nicht spielen, sagte sie, sie brauche Platz im Regal.

Wir revanchierten uns übrigens bald mit einem Paket, das die Quacksalber von Quedlinburg enthielt. Das Glückskeksspiel des Jahres fühlte sich für uns zu häufig frustrierend an.

Auch mit Star Realms wurde ich nicht gleich warm. Es ist ein Deckbauspiel, Dominion in einfach: Man kauft eine Karte, dann noch eine, möglichst von der gleichen Sorte, und hofft, beide zusammen auf die Hand zu bekommen, weil sie dann stärker sind. Hoher Glücksfaktor, wenig Entscheidungsspielraum.

Den Grundregeln nach spielt man Star Realms zu zweit mit dem Ziel, sein Gegenüber zu zerstören, vom Plan zu fegen beziehungsweise (so heißt es offiziell) seine Autorität zu untergraben.

Im Oktober entdeckte ich, dass man Star Realms auch solo und kooperativ spielen kann. Das geht zum Beispiel mit der neuen Erweiterung Frontiers, die mehrere Szenarien an Bord hat. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, sie zu kaufen, aber eines der Szenarien, eigentlich einfach nur eine doppelseitige Karte, ist im Blog des Verlags zu finden. Man kann die Regelgrafik herauskopieren und drucken und den Kampf gegen das „Nemesis Beast“ aufnehmen.

Zugegeben, gerade solo ist Star Realms ganz schön schwer, man darf sich nicht von der ausliegenden Kartenauswahl auf Abwege führen lassen. Einige verlorene Solopartien haben mich zu einem besseren Star-Realms-Spieler gemacht. Als nächstes probierten wir es gemeinsam gegen die Bestie und gewannen sogar neuen Spaß daran, ganz ohne das Beast mit dem Standardspiel aufeinander loszugehen.

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