Nur zum Spaß geübt
by Florian
Wir unterbrechen unsere Sendepause für einen kurzen Bericht. In München ist am vergangenen Sonntag die regionale Vorentscheidung zur Deutschen Brettspiel-Meisterschaft (Regvor) gefallen.
Während Vierkirchen in der Vergangenheit bis zu drei Mannschaften zur Regvor entsandte, war es 2018 nur eine halbe: Nicole und ich bildeten zusammen mit Freunden aus Stuttgart, nämlich Carmela und Thomas, Die Großen Alten. Woran lag es? Die Antwort hat auf der Regvor ein Mitglied eines anderen Teams gegeben. Es sagte zu seinen Freunden: „Das nächste Mal müssen wir aber üben, so macht mir das keinen Spaß.“
Ich habe über diesen Satz gelacht, als ich ihn im Vorbeigehen aufschnappte. Ihm aber war es bitter ernst. Und es stimmt schon, das war eine Regvor, für die sich das Trainieren lohnte – anders als zumindest laut Bericht im Vorjahr. Das hat niemand deutlicher gezeigt als das mit großem Abstand siegende Team von U++, das in den beiden strategischen Spielen First Class und Orléans hervorragend vorbereitet war.
Auch in Vierkirchen hat dieses Jahr der eine oder andere gesagt, er habe keine Lust auf diese Spiele, auf so viel Üben. Andere bereiteten sich auf andere Prüfungen vor – Abitur und Studium etwa.
Wir Großen Alten
Die Spieleauswahl fanden wir herausragend, aber wie fleißig wir üben wollten, das haben Carmela, Nicole, Thomas und ich durchaus diskutiert, als wir im Herbst unser Team formierten. Vor zwei Jahren hatten Nicole und ich zu viel Ehrgeiz in die Regvor gesteckt, das war weder erfolgreich noch vergnüglich. Das wollten wir vermeiden. Wir ließen es also zumindest lockerer als damals angehen. Carmela zeigte ordentlich Ehrgeiz, sie war schließlich schon mal in Herne beim Finale, und auch Neuling Thomas übte mit Ausdauer. Er informierte uns aber vor Turnierbeginn, zum Finale wolle er gegebenenfalls nicht mitkommen, es reiche ihm jetzt mit Training.
Aufgrund der Entfernung übten wir nur zweimal gemeinsam – sozusagen ein intensives Intervalltraining. So manches Mal sagte einer von uns mit Deniz Yücel: „Wir sind ja nicht zum Spaß hier.“ Aber das war dann auch nur Spaß.
Das erste Spiel war dann auch gleich dasjenige, das Nicole und ich am häufigsten gespielt und am gründlichsten analysiert hatten: First Class. Es lohnte sich, beide gewannen wir unsere Partie mit rund 100 Punkten Vorsprung vor den jeweils Zweiten. Auch Carmela holte einen Sieg, Thomas wurde Dritter und hatte damit sein Ziel – „nicht in jedem Spiel Letzter“ – erreicht.
Es folgte Einfach genial – der Name ist Programm, dieses Spiel erforderte die wenigste Vorbereitung. Um zu gewinnen reicht es, genial zu sein. Nun ja. Wir schnitten recht mittelmäßig ab, als achtes von zwölf Teams. Abhaken, weiterspielen, wer interessiert sich schon für Einfach genial.
Als Nächstes setzten wir uns zu Orléans an die Tische. Wir alle lieben dieses Spiel, Nicole und ich sind im vergangenen Jahr sogar auf seinem Spielplan herumgeradelt, wie man im Radforum ausführlich nachlesen kann. Wie befürchtet ist Orléans aber kein Spiel, das mir als Turnierspiel große Freude bereitet. Wenn Mitspieler minutenlang wegen einem Punkt mehr oder weniger rechnen und mit dem Einsatz all ihrer Plättchen warten, bis jeder vor ihnen die seinen platziert hat, fühlt sich das klebrig an wie heißer Asphalt unter den Fahrradreifen. Mich packt da die Ungeduld, ich will endlich weiter.
Leider stellte sich aber auch heraus, dass wir uns auf Orléans nicht ausreichend vorbereitet hatten – und manche Mitspieler auf der Regvor, grübelnd oder nicht, schlicht viel besser waren.
So hatte ich im Training Ergebnisse zwischen 130 und 155 Punkten. Mir war klar, 130 würden nicht für einen Sieg reichen. 155 wohl eher schon, dachte ich.
Das stimmte im konkreten Fall zwar fast, war aber eine grundsätzlich falsche Annahme. Ich wurde mit 133 Punkten gerade noch Zweiter. Der Sieger an meinem Tisch machte 159 Punkte. Aber das war Glück mit der Auslosung. Meine Teamkollegen hatten dieses Glück nicht. Mannschaften wie Spuiratz’n und U++ hatten Orléans-Strategien entwickelt, die 184 oder gar 238 Punkte brachten. Wir belegten in der Teamwertung für Orléans den letzten Platz.
Zwölftes Team von zwölf in einem Lieblingsspiel – das klingt furchtbar. War aber gar nicht so schlimm. Nach dem Start mit First Class schwebten wir weit oben, wo uns schlechte Nachrichten kaum noch erreichen konnten. Und im letzten Spiel, Isle of Skye, legten wir nach – mit noch einmal drei Siegen. Carmela fuhr wie ich einen zweiten Sieg ein und war zu Recht überglücklich. Und Thomas hatte nun auch eine Partie gewonnen. Er ist sicherlich der erfahrenste Isle-of-Skye-Spieler in unserem Team, und jeder hatte ihm den Sieg zugetraut – nur er selbst nicht.
Quadropolis für die Drittplatzierten
Eine günstige Verteilung brachte uns mit 49,5 Punkten auf den dritten Platz der Gesamtwertung: den für uns perfekten Platz. Es ist dies nämlich der erste Platz, der nicht für einen Start bei der Deutschen Meisterschaft qualifiziert. Und dafür wollte Thomas ja nicht auch noch trainieren.
Zwei Spiele bekommt man als drittplatziertes Team als Preis. Turnierleiter Jo Weigand überreichte uns gleich Riverboat von Michael Kiesling, das wir uns gewünscht hatten. Dazu kam auch noch ein Quadropolis.
So verließ jeder von uns die Regvor mit einem Strahlen. Und dazu trugen neben dem Erfolg die vielen Kleinigkeiten bei, die ich vor lauter Analyse noch nicht erwähnt habe: nette Mitspieler, alte Bekannte, neue Gesichter. Für mich ungeduldigen Radfahrer waren die Runden für First Class und Isle of Skye die schönsten: Da passte das Tempo perfekt. Mit Isle of Skye waren wir sogar als Erste fertig und schlugen Jo vor, beim nächsten Mal Bonuspunkte für alle an dem Tisch zu vergeben, der ein Spiel als Erster beendet.
Die Bürgerwehr brachte mir dann noch das lustige Spiel Exploding Kittens bei. Wir haben vereinbart, im kommenden Jahr dafür als Regvor-Kartenspiel zu stimmen. Bevor ich es vergesse: Die Zugspitzzocker lassen unseren Vierkirchner Michael grüßen. Besonders fröhlich waren wie in früheren Jahren Wo ist das Gehirn? und die Kellerkinder. Und gibt es eigentlich etwas, was Jo aus der Ruhe bringen würde?
Es hat sich also wieder einmal gelohnt. Das Üben. Und das Mitmachen. Es hat Spaß gemacht. Beides.
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