Spielen in Vierkirchen

Brett- und Kartenspiele im Norden von München

Tag: Love Letter

Der längste Absacker

by Florian

Für den Spieleabend am 19. September hatten Nicole und ich uns mit dem Hinweis „wahrscheinlich spontan im Urlaub“ abgemeldet. Aber spontan und Terminplanung, das sind Gegensätze. Am Ende begann unser Spieleabend schon gegen drei Uhr nachmittags.

Aufgrund fortgesetzten Regens machten wir uns nämlich auch am Montag noch einen faulen Tag zu Hause, statt durch die Landschaft zu radeln. Genau wie am Samstag und am Sonntag. Montag um 15 Uhr lag also Der Herr der Ringe – das Kartenspiel auf dem Tisch. Wir spielten das fünfte von sechs Abenteuern der Hobbit-Reihe mit dem Titel „Der einsame Berg“. Unsere Aufgabe war es, gemeinsam den Drachen Smaug zu besiegen.

Andere spielen das schneller, wir brauchen zwei Stunden je Partie. Den ersten Durchgang gaben wir verloren. Im zweiten aber sicherten wir uns drei von fünf Schätzen, bevor wir Smaug vorerst vertrieben. Und uns fiel auf, dass wir die Szenario-Regeln falsch ausgelegt hatten: Im ersten Durchgang hatten wir die Siegbedingung auch schon erfüllt, wenngleich mit nur einem dem Drachen unter dem Bauch wegstibitzten Schatz.

Aushilfschef gewinnt Evolution

Vier Stunden Drachenkampf, kurz durchschnaufen, Brotzeit und ab in den Spieletreff, wo sich Aushilfschef Felix über unser Kommen wunderte. Mindestens so überraschend war Dominik da und hatte ein frisch erworbenes Evolution unterm Arm. Das spielte er mit Felix und Vincent – ich glaube, gleich zweimal, und Felix hat beide Male gewonnen.

Nicole und ich setzten uns mit Nachzügler Sergej an einen Tisch. Für Augustus reichte unsere Aufmerksamkeitsspanne. Und weil Sergej so gut Plättchen zog, lag ich am Ende knapp vorn.

Spieleabend 19. September

Es sollte der letzte Erfolg bleiben. Die folgenden Spiele gewann Nicole ausnahmslos.

Das erste: Yucata. Besonders lustig: Sergej bekam seinen Satz Karten in die Hand gedrückt und erklärte sich die Regeln selbst. Nicole korrigierte vorsichtig. Sergej sagte anschließend, es habe ihm Spaß gemacht, obwohl er beide Partien mit jeweils null Punkten beendete. Allerdings reichten der Siegerin vier beziehungsweise fünf Punkte.

Das zweite: Love Letter. Sergej konnte sich an die Regeln erinnern. Er eroberte sich auch ein Herzchen für einen gewonnenen Durchgang und war damit zufrieden. Dann zog er ab.

Fiese Termine

Drittens: Die Burgen von Burgund – das Kartenspiel. Mit Dominik und Vincent, denn Felix hatte sich ebenfalls verabschiedet. Bubu-Karten, so der Kosename, war als Absacker gedacht.

Drei von uns kannten das Spiel nämlich von der Onlineplattform Yucata.de, die nach dem zuvor gespielten Spiel benannt ist. Und da geht das ganz schnell, fünf Runden mal sechs Aktionen, jeder insgesamt dreißig Züge. Die Karten deckt der Computer auf und räumt sie nachher wieder ab.

Am Tisch müssen wir selbst winzige Kärtchen mischen, stapeln, austeilen, auflegen, neu mischen, wieder verteilen und Stapel umschichten. Am Tisch können wir nicht schnell einen Zug in einem anderen Spiel machen, während die Mitspieler grübeln. Am Tisch dauert das Bubu-Kartenspiel genau so lang wie das große Bubu, nämlich bis kurz nach halb elf.

Nach drei Runden der Gedanke, abzubrechen. Trotz der Jugend des Mitspielers Vincent wurde das nicht weiter verfolgt. Wir wollten unsere Herzogtümer fertigstellen.

Urlauberin Nicole: Beeil dich, Vinnie, ich hab morgen um 12 Uhr einen Friseurtermin.
Schüler Vincent: Das war jetzt fies, ich muss um halb sieben aufstehen.

Weiter geht’s am 26. September mit dem vorgezogenen Spieleabend vom 3. Oktober, weil der ja ein Feiertag ist. Eventuelle Urlaube also bitte ganz spontan nicht nächste, sondern übernächste Woche einplanen.

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Ich bin der Weihnachtsmann

by Florian

– Ich bin der Weihnachtsmann! sagte Michael und stellte eine Schachtel Plätzchen auf den Tisch.
– So sei es, sagte Sergej, und schob sich eine Handvoll in den Mund.
– Nein, ich bin der Weihnachtsmann, sagte Helme und legte My Village daneben.
– Den gibt’s nur in Amerika, sagte Felix, und ließ sich My Village erklären. Ach, ich spiel doch lieber Wie verhext.

– Ich bin der Druide, sagte ich ohne viel Hoffnung.
– So sei es, sagte Nicole, und kaufte den billigen Trank.
– Schade, sagte Sergej, ihm fehlten nun Zutaten. Aber der Druide bin ich doch. Grrr!
– Ich bin Schüler, sagte Sieger Felix, und rauschte ab. Morgen hält er ein Referat.

– Wo ist der Kanzler? fragte ich.
– Keine Ahnung, sagte Michael.
– Der gehört doch zum Basisset, sagte Vincent.
– So ist es, sagte ich, drum suchen wir ihn.
– Ich bin gar kein Kupfer, sagte der Kanzler.

Spieleabend 20. Dezember

– Ein kurzes Spiel geht noch, sagte Lars.
– Ich pack’s für heute, sagte Helme.
– Ich bin die Prinzessin, sagte Vincent.
– So sei es, sagte Michael, dann hast du verloren.

– Christian ist doch bei der Regvor dabei, sagte Michael beim Gehen.
– So sei es, sagte Christian.
– Haben wir genug Nations? fragte Nicole.
– Ist leider ausverkauft, sagte Lars.

– Frohe Weihnachten! wünschten sich alle.
– So sei es, dachte der Weihnachtsmann.

Beim Drachen nebenan

by Florian

Eines wollte ich in Sankt Petersburg immer schon ausprobieren: in der ersten Runde ein Theater bauen, das jede Runde sechs Punkte bringt, und abwarten, wie lange der Punktevorsprung hält. Wer das Spiel kennt, weiß: Man ist dann ganz abgebrannt und braucht mindestens zwei Runden, um wieder flüssig zu werden. Theater ist eine brotlose Kunst, bringt aber Ansehen in Form von Siegpunkten.

Nach zwei Runden zog Antonia vorbei, die Feuerwehren für je drei Siegpunkte baute und damit flexibler war als ich mit dem doppelt so wertvollen Theater. Nach vier Runden zog Christian vorbei, der blaue Gebäude inzwischen billiger bekam und sie im Dutzend einkaufte – angefangen mit fünf Märkten, die er bevorzugt abriss, um sie mit edleren Gebäuden zu überbauen. Kurz darauf zog auch Nicole vorbei, deren Punkte von der Adelsriege samt Hofmeisterin kamen.

Alles auf eine Karte

Nicole gewann, die beiden Petersburg-Neulinge schlugen sich mit zehn bis 20 Punkten Rückstand achtbar, ich wurde klar Letzter. Nie wieder setze ich alles auf eine Karte.

Nie wieder – zumindest bis das Zeitalter des Krieges anbricht. Dummerweise hieß so unser nächstes Spiel. Und ich setzte alles auf Kasugayama. Diesen Namen trägt die am schwersten zu erobende Provinz Japans. Ich scheiterte dreimal, Christian ebenfalls zwei- oder dreimal. Er wechselte auf leichter zu erfüllende Karten, ich bekam schließlich doch noch Kasugayama – und in der letzten Runde ihre Schwesterprovinz Kitanosho dazu. Das brachte den überraschenden Spielsieg. Die anderen hatten jeweils ein Set gesammelt.

Es war zehn vor zehn, Vincent sollte gehen, fand Christian. Vincent hatte am Nebentisch gerade angefangen, Drachenschatten zu spielen, das er sich seit Wochen wünscht. Wir ließen ihn, denn mit Love Letter fanden wir dann doch noch Antonias Favoriten im Drachenhort – pardon, Spielestapel.

Ein Ring, sie zu knechten

Love Letter gibt es jetzt in der Hobbit-Edition – gleiches Spiel, anderes Thema. Wie bei Sankt Petersburg war es die alte Version, die in Vierkirchen auf den Tisch kam. Christian wollte als Einziger eine Übersichtskarte, obwohl er vor zwei Wochen an gleichem Ort Sieger geworden war. Er machte auch das erste Herz, wenn man das so sportlich ausdrücken kann. Was sammelt man wohl in der Hobbit-Edition? Der Eine Ring, sie zu knechten, reicht nicht ganz für eine Sammlung. Dann doch eher die sieben für die Zwergenherrscher in ihren Hallen aus Stein?

Wir spielten um Herzen. Christian und ich holten jeder nur eins. Nicole und Antonia flogen je zwei zu. Dann war der Drache besiegt – nicht von uns, wir hatten ja nicht die Smaug-Edition, sondern von Vincent am Nebentisch. Wir löschten die Lichter in der Höhle. Michael schloss die Tür ab. Die Schätze aber trugen wir in unseren Sporttaschen wieder nach Hause.

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Unter dem Mistberg. Ein Spiel für Stimmen

by Florian

Sprecher
Anfangen, wo alles endet – auf dem Misthaufen der Geschichte. Das Original steht auf einem nur mit einer Nummer bezeichneten Planeten wenige Parsec hinter Epsilon Eridani, den Nachbau in Miniaturgröße kann jedermann auf einem Bauernhof in Jedenhofen besichtigen.

Hahn
Mickeriki! Mickeriki!

Sprecher
Auf der Kuppe sitzt der Hahn der Welt und verkündet das Voranschreiten der Zeit. Der Haufen wächst langsam. Die Zeit verstreicht überwiegend gesichtslos, geschichtslos, geruchlos. Das Aroma der Geschichte produzieren erst Menschen und Nichtmenschen, die glauben, sich produzieren zu müssen – aber bisweilen auch die Götter, denen die Zeit lang wird.

Die Götter der bekannten Galaxis sitzen gar nicht weit von diesem Haufen, inmitten kosmischer Nacht in einem gleißend hell erleuchteten Raum. Bisweilen nehmen sie Kartons und Kisten zur Hand, die nicht Figürchen und Schnürchen, Späne und Pläne, Pöppel und Popel, sondern Schicksale enthalten, nach Epochen und Funktionen geordnet.

Der Zutritt zu jenem blendend hellen Raum ist nicht einmal Göttern zu jeder Zeit gestattet.

Florian
Na endlich.

Michael
Ich bin noch pünktlich!

Nicole
Und wo ist der Rest der Familie?

Michael
Odin kommt nach, Merkur vielleicht auch, aber Astarte ist heute einfach zu müde, sie hat zwei Jahrhunderte kaum geschlafen.

Sprecher
Götter sind nie unpünktlich. Wenn Götter Stunden und Tage, Monate und Jahre angeben, so bezieht sich das immer auf die pangalaktisch verlässliche Zeit des Hahnes auf dem Misthaufen beziehungsweise auf der Kopie – je nachdem, was gerade näher ist, Epsilon Eridani oder Jedenhofen. Die beiden mythischen Uhrwerke hält der Götterbote Hermes synchron, der seit Millionen Jahren keinen Urlaub, ja nicht einmal eine Rauchpause gehabt hat.

Christian
Ich entwickle die neue galaktische Ordnung. Und dann baue ich noch eine automatisierte Alien-Fabrik für sechs Karten, die bringt fünf Punkte.

Sprecher
Hört! Die Götter haben ihr Werk begonnen. Das Aroma der Geschichte breitet sich aus.

Florian
Gemeinheit. Seit Äonen warte ich auf Alienwelten, die ich auf meiner Seite der Galaxis für vier Kostenpunkte weniger bauen dürfte.

Alien
£/+7bg% *j#d, %)“+8t€!

Michael
Haben wir jetzt gesiedelt? Ich handle und verbrauche für sechs Karten und einen Siegpunkt.

Nicole
Ich bekomme neun neue Karten. Verflixt, und jetzt muss ich vier wieder abgeben.

Sprecher
Nicht alle Götter sind gleich erfolgreich.

Nicole
Die Gilde der Kaufleute bringt mir 14 Punkte, das macht dann 38 insgesamt.

Florian
Ich habe auch eine Sechser-Entwicklung, die galaktische Renaissance. Die bringt mir exakt zwei Punkte.

Sprecher
Die Götter setzen nicht nur Welten auf die Karte und stoßen Revolutionen an, sie manipulieren auch Menschen. Seht, diese Gestalten hier sind in Rüschen und Pelze gekleidet. In ihrer Ära hat man Raumfahrttechnik nicht gekannt. Die Götter sind Jahrtausende durch die Zeit gefallen.

Michael
Jetzt hab ich’s gecheckt!

Sprecher
Göttlich, diese Selbstüberschätzung.

Christian
Du hast einen König.

Florian
Hab ich nicht.

Michael
Ich habe eine Zofe, ich bin geschützt.

Sprecher
Die Götter halten diese Menschen als Sklaven oder behandeln sie zumindest so!

Michael
Kann ich mal deinen Prinzen sehen?

Nicole
Ich bin geschützt.

Michael
Das ist gut für dich.

Hahn
Mickeriki, Mickeriki!

Sprecher
Der Hahn hat zum zweiten Mal gekräht. Christian bringt den Götternachwuchs nach Hause, der eine Stunde lang vier Generationen armseliger Bewohner eines Dorfes quälte.

Zeit vergeht. Horcht! Die Zeit läuft quäkend rückwärts wie ein altes Tonband. Schachteln werden geöffnet, eine Arena aufgebaut. Ganze Völker fallen unter die Knechtschaft der göttlichen Willkür.

Nicole
Soll ich den Steinbruch nehmen?

Michael
Der ist stark.

Nicole
Ich traue dir nicht, ich kaufe die Medizin.

Florian
Ich nehme die Bewässerung.

Michael
Dann entwickle ich den Steinbruch.

Sprecher
Jeder schützt sein Volk, so gut er kann, solange es nur brav Steine schleppt. Den Menschen jenseits der Grenze schickt er eine Seuche, wenn er kann. Keiner gönnt dem anderen den Kuhfladen auf der Weide. Florian ist dran. Michael greift schon nach den Würfeln, um das Imperium zu erfinden.

Florian
Habe ich noch was vergessen? Ich glaube nicht.

Sprecher
Michael würfelt.

Michael
Das passt mir ja überhaupt nicht.

Florian
Halt, ich hatte doch noch drei Männchen.

Michael
Hattest du nicht gesagt, du bist fertig?

Florian
Nein!

Sprecher
Die unterjochten Nationen hören den Donnerhall über sich. Sie hoffen auf eine Götterdämmerung. Dann wären es einmal die rücksichtslosen, die ränkeschmiedenden Herren des Schicksals, die auf dem Misthaufen landen. Doch vergeblich. Der göttliche Zorn trifft wieder nur die leidende Bevölkerung. Die Zeit ist noch nicht reif für den Monotheismus. Am Ende nimmt der Papiermüll einmal mehr drei antike Völker auf.

Hahn
Mickeriki, Mickeriki!

Sprecher
Seht! Die Götter packen ihre Schachteln voller Schicksale, die Kartonagen gefüllt mit Gestalten. Das gleißende Licht verlischt. Jener spannt einen Wagen an, dieser trägt eine Tasche an der Brust, und eine Göttin reitet ein Pferd ohne Hufe. Jeder geht seinen Weg, hinein in die kosmisch schwarze Nacht.

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