Spielen in Vierkirchen

Brett- und Kartenspiele im Norden von München

Tag: Jump Drive

März 2020: Keiner verliert allein

by Florian

In diesem Monat gab es zehntausende Neuanmeldungen auf Yucata. Weil sich die Leute nicht treffen können, spielen sie online miteinander. Das ist eine nette Sache. Plötzlich habe ich dort erstmals Partien mit Twitter-Bekannten – oder auch mit alten Freunden, die früher um keinen Preis webbasiert und asynchron spielen wollten, sondern grundsätzlich nur am Tisch.

Allerdings ist bei mir gar nicht das Spielen selbst der Antrieb. Ich besuche Yucata dieser Tage hauptsächlich, um mal unter die Leute zu kommen. Ähnlich wie Twitter. Nur dass es auf Twitter keine Spiele gibt. Dafür ist auf Yucata nicht jeder zu einem Schwätzchen aufgelegt.

Das richtige Spielen, das gibt es bei uns immer noch. Ohne Tablet oder Computer, fern der jüngsten Vorschriften und Statistiken und Nachrichten. Abends, nach dem Essen. Oft müde und unkonzentriert. Am liebsten kooperativ, damit keiner allein verliert.

Schade eigentlich, dass es keine Koop-Spiele auf Yucata gibt.

Hanabi

Wenn die äußeren Umstände uns verunsichern, suchen wir Menschen Trost bei Bewährtem. Kein Wunder, dass Nicoles und meine Hanabi-Sucht zurück ist. Auch wenn die Erfolgsquote schon einmal höher war. Schließlich sind für uns nur 25 Punkte ein Sieg. Können wir die nicht mehr erreichen, werfen wir zusammen – und geben höchstwahrscheinlich gleich neu.

Hanabi ist von Antoine Bauza, und ich muss es wohl nicht mehr vorstellen.

Jump Drive

Noch ein Rückfall: Tom Lehmanns Jump Drive war 2019 mein meistgespieltes Solospiel. 2020 liegt es schon wieder in Führung. Noch einmal habe ich die ersten drei Kampagnen von Boardgamegeek-Nutzer Epyo in Angriff genommen.

Mehrfach, wie ich zugeben muss. Weil es nicht gleich klappte. Die Konzentration ist nicht die alte.

Zur Erklärung: Eine Kampagne besteht aus vier Partien in Folge. Jede dauert sieben Runden, in jeder Partie muss der Spieler 50 Punkte erreichen plus eines der vier Zusatzziele. Sind nach vier Partien alle vier Ziele abgehakt, gilt die Kampagne als gewonnen.

Die erste Kampagne fordert einen militärischen und einen zivilen Sieg und einen mit mindestens 60 Punkten. Das ist eigentlich leicht zu schaffen. 2019 habe ich sie dreimal gewonnen, nie verloren. Für 2020 stehen die ersten Niederlagen im Logbuch.

Die Crew

Geschafft! Eine Strohpuppe namens Jarvis, Kommandantin Nicole und Funker Florian haben ihr Raumschiff erfolgreich an den Rand des Sonnensystems und zurück zur Erde navigiert. Keine Panne konnte sie stoppen.

Die letzten Missionen waren gar nicht so schwer. Nur Nummer 49 mussten wir dreimal spielen, die 50 gelang wieder auf Anhieb.

Das bleibt mein einziger Kritikpunkt: Thomas Sings Stichspiel Die Crew ist, außer zu fünft, einen Tick zu leicht. Etwas mehr Widerstand, etwas mehr Schwierigkeit wäre gut gewesen. Ansonsten: klasse. Falls es 2020 überhaupt ein Spiel des Jahres geben sollte – die Jury kann ja nicht im üblichen Umfang sondieren und testen -, ich würde mich wundern, wenn es nicht Die Crew wäre.

Roll for Adventure

Ein Spieler findet immer einen Anlass, ein neues Spiel zu kaufen, obwohl er keines braucht. Geburtstag, Ostern, Geburtstag der Oma, Beförderung, Geburtstag des Meerschweinchens, gute Laune, demnächst Wochenende, schlechte Laune – oder es gibt irgendwo ein Sonderangebot.

Auch Corona. Wenn wir schon daheim bleiben müssen, können wir uns doch wenigstens ein neues Spiel leisten.

Roll for Adventure

Unserem Roll for Adventure fehlten zwei graue Würfel.

Roll for Adventure von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert ist Nicoles und mein Corona-Spiel. Gemeinsam gegen Monster kniffeln, nicht zu hirnverzwirbelt, nicht zu lang und jede Menge Abwechslung durch Heldenfiguren, optionale Monster, die Rückseiten der Einsetzfelder.

Klar, der Glücksanteil. Und ja, ausgeschlafen und im Vollbesitz meiner Kräfte könnte ich mich bei Roll for Adventure auch mal unterfordert fühlen. Es ist kein Spiel für die Ewigkeit, sondern eines, von dem wir in den nächsten Wochen ein bis zwei Dutzend Partien spielen werden. Eines, das sich irgendwann ausgespielt anfühlt. Eines fernen Tages. Wenn man sich wieder mit anderen zum Spielen treffen kann. Das würde passen.

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Fünf Partien

by Nicole

Wir sind gerade von unserem Jahresabschlussspaziergang zurückgekommen. Es war sonnig und erstaunlich mild. Wir gingen sehr langsam, die lange Wanderung von vorgestern steckte uns noch in den Knochen. Ideale Bedingungen, um ein ausführliches Jahresabschlussgespräch zu führen. Über Spiele. Mit dem Ziel, unser Spiel des Jahres zu benennen.

2008 hat Florian eine Liste angelegt mit all unseren Spielen. Inzwischen ist sie in der Papierversion auf neun Seiten angewachsen. Wurde ein Spiel in einem bestimmten Jahr gespielt, bekommt es ein Kreuzchen. In jeder Jahresspalte steht bei einem Spiel statt eines Kreuzchens ein SdJ – Spiel des Jahres. Im ersten Jahr war es Thurn und Taxis, im zweiten Agricola. Immer haben wir ein Spiel gefunden, das in dem Jahr etwas ganz Besonderes für uns war. Ob nun Die Burgen von Burgund 2012, Hanabi 2013 oder Codenames Duett 2018. Es musste keine Neuerscheinung sein.

So viele Kandidaten

Noch nie waren wir bei der Wahl unseres Spiels des Jahres so ratlos wie heuer. Das lag nicht an den insgesamt 629 analogen Mehrspieler-Partien. Die Zahl war in den Vorjahren ähnlich. Auch einen eindeutigen Spitzenreiter gab es: 66 Partien Die Crew reist gemeinsam zum 9. Planeten. Zu zweit sind wir bei Level 33. Wir haben es auch einen ganzen Abend lang in Emmering zu fünft gespielt. Oder zu dritt oder zu viert. Ein kooperatives Stichspiel mit gar nicht mal so schlechten Flavourtexten, das die Spieler vor zunehmend unlösbar wirkende Aufgaben stellt, die dann doch irgendwie bewältigt werden. Die Crew zählte auf jeden Fall zum Favoritenkreis, aber am häufigsten haben wir es zu zweit mit Dummy gespielt. Und in dieser Variante ist es zwar gut, aber am schwächsten.

32-mal haben wir Jump Drive von Tom Lehmann gespielt, Race for the Galaxy in schneller. Für Florian, der zudem seine Mittagspausen für etliche Solopartien nutzte, wäre es sein ganz persönliches Spiel des Jahres, für mich eine nette Abwechslung zu Race.

Ganz schön clever haben wir nicht erst 2019 entdeckt, aber auch oft gespielt, noch bevor es zum Regvor-Spiel gewählt wurde. 24 Partien reichen für Platz 3 im Jahresranking. Adventure Island spielten wir 23-mal mit Begeisterung, aber Regellücken und missratene Ausstattung lassen auch uns zögern, die wir alles andere als eine weltbekannte Jury sind.

22-mal haben wir uns dem Herr-der-Ringe-LCG gewidmet, das schon einmal unser Spiel des Jahres war, nämlich 2016. Einmal versuchten wir es zu dritt, in Nördlingen im Juni mit Tilo, dann wieder zu zweit ab 6. November. Wenn ich mich entscheiden müsste, welches Spiel für zwei Personen ich auf eine Insel mitnehme, würde ich sofort Herr der Ringe sagen. Mit sämtlichen Kampagnen natürlich. Doch zu dritt hat es nicht so richtig gezündet, was schade war.

Was ganz anderes

Fünfmal kam 2019 Steam bei uns auf den Tisch. Vernachlässigbar selten, könnte man sagen. Platz 30, zusammen mit Star Realms und Pairs. Aber jede einzelne Steam-Partie ist im Gedächtnis geblieben: Erst die Amerika-Karte von Ted Alspach im Juni in Nördlingen mit Thomas S. und Carsten. Dann am gleichen Wochenende die Rückseite des Plans – Europa. Ende August folgte Carstens selbst entworfene Alpen-Karte bei seinem ersten und hoffentlich nicht letzten Besuch in Vierkirchen. Carsten notierte sich die Erkenntnisse aus dem Test auf einem der Zettel mit blauem Fisch, die unser Lieblingsspieleversender netterweise oft zusätzlich ins Paket legt.

Es folgten die Brüssel-Karte bei einem Aufenthalt bei Thomas S. im September und schließlich beim ersten von mir organisierten langen Brettspielwochenende in Reimlingen nochmals die Alpen. Diesmal mit den Verbesserungen auf dem Fisch-Zettel. Tilo und Thomas B., der Steam inzwischen auch schätzt, haben mitgebaut. Thomas B. begann im Westen, in Frankreich. Tilo orientierte sich nach Osten und versorgte das Habsburgerreich mit Schienen, Florian verband München und Stuttgart, Carsten konzentrierte sich auf Po-Ebene und Piemont. Ich begann in Südtirol, also genau in der Mitte. Der Brenner war wieder mein – wurde aber zum zweiten Mal nicht zur Siegstrecke.

Steam

Unser Spiel des Jahres 2019: Steam

Von jeder Partie könnte ich ewig erzählen, etwa von Florians mitteleuropäischem Kreisel, dem Metrobau in Brüssel, der erfreulich für mich endete. Wie Tilo und Thomas B. auf den Flanken der Alpen großartig vorankamen und sich dann in der letzten Runde beim Wettbieten verzockten. Oder wie Florian mich auf der Amerikakarte in der ersten Runde vor einem folgenschweren Fehler bewahrte. Ich bin die einzige Frau in unseren Steam-Runden, kann nach wie vor nicht zählen – Florian würde sagen: die Gleisbaukosten zusammenrechnen – und genieße einen Bonus. Wenn ich sage: Zählt mal, dann wissen die Männer sofort, wie viel ich für meine Strecke zahlen muss. Dafür bin ich dankbar. Auch dafür, dass sie mir die richtigen Plättchen mit zwei, drei oder vier Ausgängen, engen und weiten Kurven oder übereinander verlaufenden Gleisen raussuchen.

Gefühlt waren es mehr als fünf Partien, und das nicht nur, weil wir auch einmal zu zweit Age of Steam auf der Alabama-Karte spielten. Oder weil Florian es fast ein wenig bereut, dass er nicht die Kickstarter-Deluxe-Neuauflage von Age of Steam mitfinanziert hat. Es wäre eine Grenzüberschreitung gewesen, die Kickstarterei ist nicht so das Unsere.

Steam war schon immer außergewöhnlich. Die Umbrien-Karte hat uns vor ein paar Jahren dazu inspiriert, nach Umbrien zu radeln. Dort liegen übrigens viel weniger Gleise als auf unserem Plan. Nun ist Steam unser Spiel des Jahres geworden. Und das ausgerechnet in dem Jahr, in dem sich der Verlag Mayfair Games nach der Übernahme durch Asmodee praktisch in Luft aufgelöst hat und mit ihm das Spiel. Fürs Erste. Wir haben übrigens ganz dolli viele Spielpläne für ein bis sieben Personen und freuen uns über Steam-Besuch. Ich spiele am liebsten mit den orangen Lokomotiven.

Unsere Spiele des Jahres

August 2019: Blitz, Dampf und Zauberverse

by Florian

Im August haben
wir ab und zu gespielt.
Dann kam Carsten.

Jump Drive

Das nennt man Fortschritt:
Jump Drive dauert halb so lang
wie Race – schwups – vorbei …

Res Arcana

Totenbeschwörung
ist für Zauberlehrlinge
die Top-Strategie.

Snowdonia

Ich wollte doch noch
so viele Gleise bauen
bei dem schönen Wetter!

Steam

Carstens Alpenplan
war für Age of Steam gedacht.
Ist uns doch egal.

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Februar 2019: Schluss mit staatlichen Monopolen

by Florian

Aufgabe: Bilde einen Satz, der das Wort Regvor nicht enthält.

Kein Problem: Wir haben auch im Februar manchmal gespielt, was uns Spaß macht.

Jump Drive

Ich war mal Mitglied im Traveller-Hilfswerk. Klingt nach Heilsarmee, ist aber ein exklusiver Club für Weltraumreisende. Wer das Science-Fiction-Rollenspiel Traveller von Marc W. Miller kennt, versteht mich.

Warum ich das erzähle? Das Traveller-Hilfswerk hat mich mit der Sprungtechnik vertraut gemacht. Wenn Raumschiffe im leeren Raum auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, nennt man das einen Sprung, Englisch Jump. Das Schiff benötigt für dieses Kunststück einen Sprungantrieb: einen Jump Drive.

Jump Drive von Tom Lehmann ist, nun ja, unter den Spielen das, was der Jump Drive unter den Raumschiffmotoren ist. Es beschleunigt von null auf Lichtgeschwindigkeit in höchstens zehn Minuten. Wobei Lichtgeschwindigkeit hier die siegbringenden 50 Punkte sind.

Mach dir keine falsche Vorstellung: Jump Drive ist nicht einfach schnell. Es ist schon vorbei, bevor du deine Stoppuhr gestartet hast. Sechs oder sieben Runden, höchstens 14 gespielte Karten, Schluss! Wir sind da. Ihr Zielplanet Efate im Regina-Subsektor ist erreicht. Bitte hinterlassen Sie Ihre Kälteschlafkammer in dem Zustand, in dem Sie sie selbst vorzufinden wünschen. Thank you for travelling with the Hilfswerk.

Codenames Duett

Hurra, sie singen wieder! Der Nachbarshund jault schon ganz neidisch, wenn wir die alten Plättchen auflegen.

Das Orakel von Delphi

So definiert Stefan Feld die zwölf Aufgaben des Herkules neu: Baue einen antiken Paketdienst auf, stelle drei Opfergaben zu, liefere drei Säulen an einen von mehreren Interessenten, besiege drei Nachbarshunde Monster und finde drei unleserliche Adressen.

Herkules hatte es gut: Damals gab es noch das Postmonopol. Er konnte sich Zeit lassen. Heute konkurrieren die Paketdienste, jeder zahlt schlechter als der nächste, sie schnappen sich die Päckchen weg und streiten sich um die Ablageorte. Wer zuerst liefert, gewinnt.

Das Spiel für zwei bis vier göttliche Zusteller gibt es neuerdings auf Yucata. Davon animiert, haben Nicole und ich es letzten Monat abgestaubt und im Wohnzimmer bereitgestellt. Am Ende kam es doch nur einmal auf den Tisch. Zu viele Päckchen, zu viele Spiele. Aber Delphi ist richtig, richtig gut. Es kommt wieder. Der Paketbote hoffentlich auch.

Keiner dieser Herren heißt Sergej

Keiner dieser Herren heißt Sergej

Meisterdiebe

Und dann gab es noch etwas Besonderes. Ein Spiel, das mehr wegen der Mitspieler Spaß macht. Und als Objekt, weil es aus massivem Holz aufwändig gefertigt ist. Ein mächtiges Kästchen voller Wendeschubladen, in denen wir Edelsteine deponieren, aus denen wir Edelsteine herausklauen oder sie achtlos zu Boden fallen lassen, zur Freude der Schnorrer.

Das ist Meisterdiebe von Czarnè. Ein 3D-Rätsel, ein Gedächtnisspiel, gepaart mit dem Chaos des blinden Auswählens von Rollenkarten. Ehrlich gesagt, kein Super-Spiel. Aber neulich im Vierkirchner Spieletreff waren dennoch alle dabei.

Der Grund: Meisterdiebe gehört unserem Mitspieler Sergej. Unserem Noch-Mitspieler. Er spricht schon lange von seinem Wunsch, mit seiner Familie in eine Gegend mit niedrigeren Mieten zu ziehen. Diesen Sommer soll es so weit sein.

„Ich wollte das unbedingt noch mal mit Sergej spielen“, sagte Christian. Recht hat er. Wir werden Meisterdiebe vermissen, wenn der Möbelwagen es endgültig mitnimmt.