Spielen in Vierkirchen

Brett- und Kartenspiele im Norden von München

Kategorie: Spielbericht

Alte Damen und Revolutionen

by Florian

Zu jedem Jahreswechsel wählen Nicole und ich unser Spiel des Jahres. Dieses Mal fiel die Entscheidung leicht. Wir haben so viel Zeit in Bad Bründlholz verbracht.

Lange Schatten in Bad Bründlholz ist meine bisher umfangreichste Rollenspiel-Veröffentlichung. Die Spielenden übernehmen darin die Rolle der alten Damen des Detektivclubs von Bad Bründlholz, die nicht nur Krimis lesen, sondern auch echte Mordfälle lösen, an denen die Polizei scheitert.

Lange Schatten basiert auf Jason Cordovas Brindlewood Bay, dessen Regeln es erklärt, vereinfacht und in die Welt der fiktiven bayrischen Kleinstadt Bad Bründlholz einbettet. Vor allem aber enthält das Buch zehn Fälle und zwei Kampagnenbögen, um alles zu einer fortlaufenden Geschichte zu verbinden.

Den Hintergrund dieses Spiels habe ich mir vor ziemlich genau zwei Jahren ausgedacht und im Frühjahr 2021 die ersten sieben Fälle geschrieben. Aber von Notizen für einen Kriminalfall, den ich selbst spielleiten kann, zu einem 132-Seiten-Buch, mit dem auch andere Spaß haben, war es ein weiter Weg.

Nicole hat die Entstehung 2021 ebenso wie 2022 den Abschluss aus Spielerperspektive und Gesprächspartnerin miterlebt. Es gab immer wieder einiges zu erzählen und zu besprechen… Insgesamt dürften in Bad Bründlholz zwischen 800 und 1000 Stunden Arbeit stecken. Und nein, die vielen Testspiele zähle ich nicht mit! 2022 waren es 18 Sitzungen.

Die Brettspiele

Während ich ins Rollenspiel abgedriftet bin, ist Nicole nun die intensivere Brettspielerin im Haushalt. Komplexe Lieblinge wie Gaia Project und Marco Polo spielt sie insbesondere beim Novembertreffen in Ruppertshofen oder abends auch mal auf dem Tablet. Auf den Wohnzimmertisch kamen immerhin je zehnmal Clans of Caledonia und Die Glasstraße.

Weiterhin geht Die Crew jederzeit, die die letzten beiden Jahre unseren Spiel-des-Jahres-Titel eingefahren hat. Zumal es mittlerweile viele in unserem Bekanntenkreis schon kennen oder gar selbst haben. 14-mal wurde es 2022 gespielt, und das sind nicht einzelne Missionen, sondern Sessions.

Zudem haben wir eine Vielzahl kleinerer Spiele mindestens 10-mal gespielt, nicht nur wegen einer laufenden Challenge. Das sind Clever hoch drei (auch als App beliebt), Dungeons, Dice & Danger, Roll for the Galaxy, Monster Expedition und Noch mal.

Eine besondere Erwähnung verdient So kleever als erfolgreichster Neuzugang im Regal. Beziehungsweise, ruhig im Regal stand es eben nicht sehr oft. In Ruppertshofen und beim Spieletreff Vierkirchen wurde es immer mehrmals hintereinander gespielt. In der Statistik kam es auf 10 Partien.

Die Rollenspielveröffentlichungen

Über Bad Bründlholz habe ich oben schon geschrieben – und könnte noch so viel erzählen! Auf meiner itch.io-Seite gibt es einen Entwicklungsblog, wo ich mich mit diversen Aspekten des Spiels befasst habe. Wenn ihr mehr wissen wollt, findet ihr da reichlich Stoff.

Meine erste Rollenspielveröffentlichung (2022 und überhaupt) war aber Gläserne Revolution, eine Heimsuchung nach den (enthaltenen) Regeln von Trophy Dark. Darin könnt ihr die Revolution der Glasarbeiter von Robur miterleben und mitgestalten. Eine Warnung: Wie es ausgeht, hängt von den Spielenden ab – aber wahrscheinlich nicht gut…

Nebenbei, was heißt in dem Kontext eigentlich Veröffentlichung? Alle hier genannten Spiele gibt es auf itch.io und bei DrivethruRPG als PDF zum Download, manche kostenlos. Gläserne Revolution und Lange Schatten in Bad Bründlholz kann man zudem bei epubli (und theoretisch auch im Buchhandel, aber die Lieferkette hakt) gedruckt bestellen.

Für einen Jam habe ich das spielleitungslose Wolkenschiffe geschrieben. Mit Hilfe von Tabellen voller Anregungen erzählen die Spielenden die Reise eines Schiffs, das über einem Ozean von Säure fliegt. Sie erfinden seine Waren und Passagiere, fliegen fantastische Städte an, wo sie Zwischenfälle bewältigen müssen. Ein Fabulierspiel für einen vergnüglichen Abend, das ich inzwischen auch gerne mal wieder spielen würde. Vielleicht 2023?

Haltet ihr durch? Keine Sorge, jetzt folgen nur noch ein paar kleinere Machwerke.

alea atra ist mein Ansatz, um eine komplette Rollenspielsession mit Figurenerstellung und einer spannenden Geschichte, die offen verläuft, in drei Stunden abzuwickeln. Es lässt sich mit Genreblättern an unterschiedliche Hintergründe anpassen. Bisher bin ich da im Fantasy-Segment geblieben. Für 2023 könnte ich mir vorstellen, Science-Fiction-Module mit alea atra zu spielen.

Das Solo-Spiel Schurkische Sonette zu entwickeln ging ausnahmsweise schnell. Es leitet eine Spielerin an, die schrecklichen Erlebnisse ihrer Schurkin aus dem 17. Jahrhundert in Liedform zu schildern. Reime und Themen gibt der Zufall vor.

Kurz vor Jahresschluss habe ich bei einem weiteren Jam mitgemacht. Es ging darum, Spiele zu erfinden, die Erzählungen im Stil der surrealen Kurzgeschichten des italienischen Autors Dino Buzzati generieren. Es klingelt handelt von einem geheimnisvollen nächtlichen Telefonanruf beim Erzähler. Es ist für genau drei Personen und erfordert – wie schon Wolkenschiffe – keinerlei Vorbereitung.

Wenn solche kurzen Erzählspiele euer Ding sind, solltet ihr euch auch den bestbewerteten Beitrag dieses Jams ansehen, Qualcosa all’idrogeno von Lorenzo Trenti, den ich zum Eigenbedarf übersetzt habe.

Und schließlich muss ich noch das 2022 von mir meistgespielte Rollenspiel erwähnen, das nicht von mir ist: Trophy Gold, ein narratives Fantasy-System, bei dem der Tisch immer wieder komplette Spielzüge im Teamwork improvisiert. Das Regelbuch gibt es vorerst nur in englischer Sprache, aber alle Materialien, die die Spielenden benötigen, auch auf Deutsch, nämlich Kurzregeln und ein Figurenblatt.

Puh. Durchschnaufen. Das also war 2022, das Jahr, in dem ich zumindest in Teilzeit Rollenspielautor war. Das wird sich so sicher nicht wiederholen, aber es war eine tolle Erfahrung – zumal ich meine Spiele immer wieder an unvergesslichen Abenden mit wunderbaren Mitspielenden erleben durfte. Dafür habe ich sie geschrieben.

Unsere früheren Spiele des Jahres

Ruppertshofen 2022: eine Auswahl

by Nicole

Fünf Tage Spielen liegen hinter uns. Für mich waren es 26 Partien, für andere viel, viel mehr. Aber ich bin auch fünfmal zum Pferdehof im Süden des Plateaus spaziert. Ihr wisst schon, wo der Schimmel mit den Zöpfchen grast.

Was so auf den Tisch kam – eine Auswahl von Florian und mir. Nicht überall haben wir mitgespielt, aber wir haben uns erzählen lassen. Wenn ihr etwas ergänzen möchtet, nur zu!

Asterix und die Sabinerin
Einziges Exemplar des Spiels weltweit. Wir reisen in zehn Tagen quer durchs Römerreich. Die erste Partie gewinnt Florian, verstößt dabei allerdings mit seinem Teppich gegen die imperiale Flugverkehrsordnung. Die zweite Partie geht an die Sabinerin persönlich.

Azul: Die Gärten der Königin
Gabie und Klaus sagen, dass sie Marco Polo 2 lieben. Aber es ist nur ein Platz frei. Beide möchten zurücktreten, keiner aber den anderen im Stich lassen. Also probieren sie die Azul-Variante von diesem Jahr aus. Das hatten sie sich ohnehin vorgenommen.

Barrage
Thomas S. hat es noch einmal mitgebracht. Stundenlang sitzen er, Claudia, Stella und Pirmin im kleinen Raum am Fenster über das Spielbrett gebeugt.

Carnival of Monsters
Monster sind furchtbar. Trotzdem stellen wir gleich zweimal mittels Drafting ein Monsterkabinett zusammen. Die großen menschenverschlingenden Brocken, die grässlich verzerrten Fratzen, die riesigen schuppigen Leiber, die aufgerissenen Mäuler mit Zähnen so scharf wie Rasierklingen bringen beide Male den Sieg. Was uns Angst macht, fasziniert uns. Und gibt die meisten Punkte. So muss es sein.

Cascadia
Füchse, immer diese Füchse. Kein Mensch will Füchse. Aber Bären, Elche und Fische sind schon aus. Enges Spiel: Gabie 94, Klaus 92, Brigitte 90, Nicole 88 Punkte.

Caverna
Peter ist ein Macher. Deswegen sichert er sich überproportional oft den Startspieler. Das macht den Platz links neben ihm so attraktiv. Wer dort sitzt, gewinnt. In zwei Partien verfestigt sich die Theorie.

Clans of Caledonia
Gabies Clan kann fischen, Klaus spart Einsetzkosten an Flussmündungen, ich bekomme Käsereien, Bäckereien und Destillerien billiger. Der Getreideanbau aber ist für alle einfach verflixt teuer. Alles beim Alten in den Highlands.

Die verlorenen Ruinen von Arnak
Merke: Kompasse horten, um einen neuen Ort zu entdecken, reicht nicht. Man braucht auch noch was in der Hinterhand, um die Wächter auszuschalten. Bei Stellas Expeditionen sind es meistens blaue Pfeile. Zum Verzweifeln.

Dune
Eine Überraschung. Wer auch immer Dune dabei hat, hat es nicht auf der Mitbring-Liste eingetragen. So konnte sich nur der Eigentümer vorfreuen. Michael gibt dem Spiel trotzdem noch mal eine Chance. Und rätselt hinterher weiter, warum es so gehypt wird.

Exploration
Wunderschön anzuschauende Raumschiffe aus durchsichtigem Plastik. Das reicht nicht. Dietmar, Peter, Thomas K. und Timo brechen mittags ab. Timo analysiert beim Essen die Schwachstellen. Peter spricht von einem verschwendeten Vormittag.

Funkenschlag
Martin lernt einen Klassiker.

Fyfe
Pirmin baut auf. Erster Eindruck: So bunte 5×5-Raster gibt es nur in der Südsee. Wir sammeln Farben, Symbole, Zahlen und verabschieden uns zunehmend von der Hoffnung, alle Aufträge erfüllen zu können. Ignoriert man die thematische Einbettung, ist das Südsee-Puzzle verwandt mit Village Rails. Aber das ist unmöglich: So bunte 5×5-Raster gibt es nur in der Südsee.

Gaia Project
Wenn Pumuckl Knödelmeister wird, werde ich Gaia-Meisterin. Vier Partien an fünf Tagen, dreimal sind Bodo und Thomas O. dabei, je einmal Thomas S., Claudia und Martin. Martin wird Kettenzug-Meister. Gaia ist das letzte Spiel des Wochenendes. Bodo findet das super, weil alle an unserem Tisch vorbeikommen, um sich zu verabschieden. Montag war übrigens gaiafrei. Schade eigentlich.

Insel der Katzen
So viele Katzen zu retten und so wenig Zeit. Puh, Glück gehabt: Sie wissen sich zu benehmen, fressen sämtliche Ratten und benutzen das Katzenklo. Ich wünschte, die Nachbarskatzen würden sich ein Beispiel daran nehmen.

Inside Job
Agent oder Insider, das ist hier die Frage. Da kann ich noch so oft meine Unschuld beteuern, Timo glaubt mir kein Wort. Schlimmer noch, er überzeugt auch die anderen. So, das habt ihr jetzt davon!

Just One
Widerlegung der Links-von-Peter-Theorie (siehe Caverna). Ich sitze links von Peter und kann als Einzige keinen meiner beiden Begriffe erraten.

Khora
Ständig spielt irgendjemand Khora. Kein Wunder, auf der Mitbring-Liste führt es die „Gewünscht von/möchte spielen“-Spalte mit vier Eintragungen an.

Kingdom Builder
Es dauert ein wenig, bis das Königreich kartografiert ist, denn Klaus und Gabie besitzen alle Erweiterungen. Auf den ersten Blick: hey, erstaunlich viel Sumpf in der Gegend. Und dazwischen stehen keine Schlösser, nein, stattdessen gibt es jetzt Paläste. Da wohnt der Froschkönig und befiehlt uns, seinen Herrschaftssitz mit den Städten des Umlands zu verbinden. Florian gelingt das am besten. Jetzt hätte er auch gern die Sumpf-Erweiterung. Die gibt es nur als Teil einer Big Box für 150 Euro. Quak.

Kneipenquiz
Wir spielen nur einmal, aber dann sind all unsere Träume auch erfüllt. Pirmin liest vor, Lada schreibt die Antworten auf, Bodo stoppt die Zeit, Carsten schiebt die Plättchen und ich die Eule und ihre Konkurrenten. Die meisten Mitspieler stehen. Sven wird extra per Handy aus seinem Zimmer geholt. Es ist die Sternstunde der Schwarmintelligenz. Ob Nagellack-Marke, Paulusbriefe oder die Totstell-Taktik des Chamäleons: Wir wissen alles, bis auf Kleinigkeiten wie die Sache mit der Meinungsfreiheit. Und Sven sorgt für den krönenden Abschluss – dank Kartoffelkanone.

Living Forest
Das Kennerspiel des Jahres. Im Internet steht: Das Spiel taugt nichts. Die Jury taugt auch nichts. Muss probiert werden. Drei Siegbedingungen, drei Strategien. Jede davon overpowered, je nachdem, in welcher Ecke des Internets man fragt. Sabine spielt mit den Flammen, Martin und Thomas O. setzen auf Bäume, Florian gewinnt mit Blüten. Die Strategien können wir noch nicht beurteilen. Das Spiel taugt. Das Internet taugt nichts.

Marco Polo 2 – Im Auftrag des Khan
Montag ist Marco-Polo-2-Tag für Brigitte. Vormittags reist sie als Gantulga Od in kleinen Schritten zwar, aber billig durch das Reich des Khan. Sehr bequem, sagt sie und lernt nebenbei, dass man Häuschen versetzt, wenn man alle aufs Spielbrett gebracht hat und trotzdem noch unterwegs zu neuen Ortschaften ist. Nur – wer außer Pirmin schafft sowas überhaupt? Abends heimst Brigitte dann als Isabella Donati für jeden Würfelwurf ein Guzzi ein und Sabine gibt den Gantulga Od. Die beiden legen sich riesige Kamelherden zu. Das hat Hans im Glück nicht vorgesehen. So werden aus Münzen phasenweise Vierbeiner.

Mombasa
Die Sache mit dem Zudecken der Bücher ist vertrackt. Ich habe einen genialen Plan für die letzte Runde und an alles gedacht. Nur nicht an das Kleingedruckte in der Regel. Ich darf ein Buch für Geld umdrehen, um mein Tintenfass weiterzuziehen – nicht zwei. 20 Punkte statt 40. Klaus vergisst gleich ganz, dass er Bücher umdrehen darf: 20 Punkte statt 40. Aber da sind ja noch die Anteile an drei überaus erfolgreichen Handelskompanien. Nur Cairo interessiert keinen.

Nova Luna
Dieser abstrakte kleine Rosenberg wird ganze fünf Mal gespielt: davon zweimal solo zur Überbrückung von Florian, wenn er von einer Wanderung zurückkehrt und alle Tische beschäftigt sind. Übrigens mit miserablen Ergebnissen.

Orakel von Delphi
Brettspielwochenende ohne Stefan-Feld-Spiel geht nicht. Florian erklärt zwei Runden die Regeln. Manche mögen es nicht, von Würfeln abhängig zu sein. Andere sammeln zu viele Wunden. Ich klopfe erst mal alle Monster und lasse die Mitspieler meine Kultstätten finden.

Port Royal
Der Gouverneur macht auch nicht immer, was man von ihm erwartet. Das muss Martin bei seiner zweiten Port-Royal-Partie ever feststellen. Aber was soll’s, die Sonne scheint, es herrscht T-Shirt-Wetter, und die Runde sitzt gemütlich im Garten des Gästehauses.

Praga Caput Regni
Eier, so viele Eier. Doch es gibt mannigfaltig Möglichkeiten und nur 16 Aktionen (plus x im unteren einstelligen Bereich). Am Ende stehe ich alleine auf der Brücke. Dank Thomas S. und Claudia als Erklär-Duo kommen Bodo und ich locker über die 70 Punkte, die wir uns als Ziel gesetzt haben.

Russian Railroads: American Railroads
Dass vier Tage Spielen an der Konzentration zehren, zeigt sich am letzten Vormittag. American Railroads ging auch schon mal schneller. Und fehlerloser, sagt Carsten.

Sag’s mir
Time’s Up ist der schönere Titel. Gelacht wird trotzdem viel, auch wenn nicht alles regelkonform ist.

Scout
Hübsche kleine Schachtel, deren Inhalt mich anfixt. Scoute ich deine 10, verdienst du einen Dollar. Verflixt, da liegt ja noch mein Auto unbenutzt herum. Ich werde am Timing arbeiten bis nächstes Jahr.

So kleever
„Bin“ soll zu „brav“ und „Laden“ passen? Es dauert ein bisschen, bis der Groschen fällt (nicht 5 Cent), aber dann sind wir begeistert. Bronze und Gelächter gleich Medaillengewinner? Nie im Leben! „Hättet ihr besser auf Nicole gehört“, sagt Pirmin.

Terraforming Mars: Ares Expedition
Das lang erwartete San Juan auf dem Mars, sagt Sven. Er ist nicht der Einzige, der es unbedingt probieren will. Jede Runde wählen die Spielenden zwischen fünf Phasen, anders als in Race for the Galaxy muss es immer eine andere als in der Vorrunde sein. Aus 208 Karten entsteht ein für Menschen bewohnbarer Mars. Sven will es sich aber nicht dort gemütlich machen, sagt er. Braucht er nicht unbedingt.

Tichu
Der Hund liegt auf dem Tisch. Sabine sagt Tichu an. Es reicht knapp nicht. Der Hund knurrt. Brigitte hat ein mieses Blatt. Sie verliert kein Wort darüber. Der Hund schläft. Carsten gibt Tipps. Peter lernt, wie er den Hund einsetzt. Florian lernt, wann er den Hund schieben muss. Carsten gewinnt.

Village Rails
Ein Spiel aus England. Dörfliche Landschaft. Leben wir im 19. Jahrhundert oder doch eher nach dem Brexit? Jedenfalls führen alle Eisenbahnlinien nach Südosten. In Richtung London, in Richtung Kontinent? Niemand weiß es. Den Zielbahnhof legen wir fest, wenn die Strecke das 4×4-Raster verlässt. Ein Spiel wie England, verschroben und kleinteilig, charmant und voll versteckter Botschaften.

Vanuatu
Thomas O. erlebt zum ersten Mal, wie Dietmar verzweifelt. Allein deswegen hat es sich schon gelohnt, das Spiel mitzubringen.

Woodcraft
Wenn Pirmin nicht Woodcraft spielt, erklärt er es anderen. Doch manchmal nutzt auch der beste Erklärer nichts, vor allem zu fortgeschrittener Stunde.

Zuletzt
Kein Spiel, aber Dank an Andrea! Ihr Snickers war meine Notration auf der Heimreise.

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Viktorianische Geisterjäger mit Bärenkräften

by Florian

Wir haben The Between gespielt. Mein Kopf ist noch voll davon. Lasst mich erzählen.

The Between – so heißt ein 2021 erschienenes Rollenspiel über Geisterjäger im viktorianischen London. Es ist als eine Kurzkampagne mit einer die einzelnen Bedrohungen überspannenden Verschwörung und einem großen Finale angelegt.

Wir haben diese Kampagne zu viert Ende September begonnen und jetzt im Februar beendet. Ursprünglich bestand die Hoffnung, das in zwölf Sessions zu schaffen, am Ende waren es 20.

Es war die großartigste Rollenspielkampagne, die ich je gespielt habe. Wenn ich im Folgenden hier und da auch kritische Bemerkungen über The Between mache, so möchte ich das vor diesem Hintergrund verstanden wissen. Ich suche immer nach Ansätzen, Dinge zu verbessern oder zumindest anders zu lösen.

The Between - Figurenblatt The American mit Würfeln

Das Team

Die Figuren sind Geisterjäger, aber mit so spektakulären Fähigkeiten, dass Autor Jason Cordova sogar von einem viktorianischen Superheldenrollenspiel spricht. Unsere Truppe bestand aus:

  • Baston Bonhomme, einem auffällig gekleideten, nur scheinbar jungen Mann mit einer Vorliebe für elegante Kleidung, Kokain und Opium und andere junge Männer. Er altert nicht, seine Sünden zeichnen sich statt in seinem Gesicht auf einem Gemälde ab, das er in einem Geheimversteck aufbewahrt,
  • Geoffrey Beckland, einem Wissenschaftler, der den Tod des geliebten Bruders dadurch kompensiert, dass er ihn aus Leichenteilen nachzubauen sucht, und
  • Dynamite Dotty, der Tochter der Daltons aus Boston, einer vor ihrer Familie erst in die Wildnis und dann nach England vertriebenen Frau mit tierischen Instinkten: In ihr stecken die Kräfte eines Grizzlybären.

Die Playbooks – Klassenbücher könnte man sie analog zu Dungeon World nennen – sind nicht nur Kostüme, in die sich die Spielfiguren kleiden. Sie prägen die Geschichte, sie tragen in jeder einzelnen Spielsitzung narrative Elemente bei. So muss die Gestaltwandlerin The American in jeder Abendphase würfeln, ob ihre tierischen Instinkte die Oberhand gewinnen, und The Mother (der Leben aus Leichenteilen konstruierende Wissenschaftler) kann seinen Hilfstrupp ausschicken, um Gräber zu plündern.

Natürlich bietet jedes Klassenbuch auch Spielzüge an, die der Figur erlauben, Hindernisse auf ihre spezielle Art zu beseitigen. Schließlich aber sind die Playbooks mit den Bedrohungen verzahnt. Nichtspielerfiguren reagieren unterschiedlich auf bestimmte Klassenbücher. Die Playbooks sind nicht Accessoires, sondern Teil der Kampagne.

Die Fälle

Die Jäger spürten einem Vampir in Kindergestalt, einem Mönche zu Schandtaten verführenden Dämon und einer Metzgersfamilie nach, die Menschen zu Pasteten verarbeitet. Für diejenigen, die das Spiel kennen, zähle ich die bewältigten „Bedrohungen“ auf:

  • The Limehouse Lurker
  • The St James’s Street Ghost
  • The Demon of Kilburn Abbey
  • Sally-No-Face
  • The Lord and Ladies of Weymouth Hall
  • The Creature of Cremorne Gardens
  • The Whateley Camera
  • Figg’s Pigs
  • The Pinkerton

Diese Bedrohungen oder Fälle bestehen ergebnisoffen aus Örtlichkeiten, Personen und Hinweisen. Die Spieler müssen Fragen beantworten. Ob sie recht haben, sagt ein Wurf, dessen Erfolg von der Zahl der gefundenen und für die Theorie genutzten Hinweise abhängt.

Stimmt die Theorie, schlägt der Fall ein, zwei Lösungsmöglichkeiten vor. Die Spieler beziehungsweise ihre Figuren sind also frei darin, etwa die Geschichte des Dämons im Lauf der Jahrhunderte zu rekonstruieren: Sie erfinden sie letztlich auf Basis der Hinweise, die die Spielleitung ihnen an die Hand gibt.

Am Ende aber müssen sie den Dämon verbannen. Hier werden die Handlungsfäden wieder gestrafft. Ich habe diese Vorgaben gelegentlich als einschränkend empfunden.

Schade fand ich, dass sich viele Fälle in einem einzigen Gebäude abspielen oder zumindest nur einen Nebenschauplatz haben, so der Ghost, die Abbey, Weymouth Hall, die Whateley Camera und Figg’s Pigs. Ich hätte die Spieler gerne mehr durch London laufen lassen, wie in Cthulhu by Gaslight.

Der Mastermind-Plot

Während die Spielfiguren Dämonen bannen und Fischmonster ins Exil nach Kopenhagen schicken, bedroht ein Oberschurke nicht nur London, sondern das ganze britische Empire in Person Ihrer Majestät, Königin Victoria. Es ist – Achtung, kleiner Spoiler! – die ehemalige Piratin Theodora Brathwaite. Und ich hatte als Spielleiter Bedenken, wie ich sie als Antagonistin spielen sollte.

Theodora sticht aus der konservativen Gesellschaft ihrer Zeit hervor – ganz wie die Geisterjäger. Sie ist weiblich und farbig, sie liebt Frauen, gibt hedonistische Partys, statt verlogen Frömmigkeit zu heucheln. Sie steht den Werten der Spielfiguren durchaus näher als Queen Victoria.

Zum Glück hat The Between dafür eine Lösung. Indem Theodora, ihre Tochter Tatiana und ihre diversen Helfer immer wieder die Ermittlungen stören, werden sie den Geisterjägern furchtbar lästig, und wenn sie in der einen oder anderen Situation die Oberhand behalten, beginnen die Spielenden, sie herzlich zu hassen.

Den Abschlussfall, die große Verschwörung, entwickelt jede Spielleitung aufgrund des Kampagnenverlaufs selbst. Es ist also kein Spoiler, wenn ich verrate, wie es bei uns gelaufen ist.

Theodora Brathwaite plante, die Queen bei einer öffentlichen Veranstaltung zu entblößen. Sie sorgte dafür, dass Victoria ein bestimmtes Kleid trug, das mit einer Chemikalie bespritzt durchsichtig würde. Die Queen stünde nackt vor allen Leuten, die Welt würde über sie, ihr Empire und ihre Untertanen lachen.

Kurz, die Kampagnenstruktur hat für uns großartig funktioniert. Nicht so glücklich war ich mit ihrem mechanischen Auslöser, nämlich hohen Würfelergebnissen bei einem bestimmten Spielzug. Das Voranschreiten der Kampagne sollte meines Erachtens nicht vollständig dem Zufall überlassen sein. Mit Pech passiert über mehrere Sessions hinweg auch mal gar nichts.

Ist es gruselig?

Ob The Between gruselig ist, können letztlich wohl nur die Spieler beantworten, aber ein paar Anmerkungen habe ich als Spielleiter auch.

Mir selbst fällt es schwer, übernatürliche Erscheinungen über einen gewissen Punkt hinaus ernst zu nehmen. Insofern bin ich wohl nicht der ideale Spielleiter für ein Horror-Spiel. Auch glaube ich, dass Spielende sich nicht richtig vor einem Vampir gruseln werden, dessen Geschichte sie gerade selbst aus merkwürdigen Hinweisen konstruiert haben.

Die Freiheit, die The Between den Spielenden lässt, fördert darüber hinaus bisweilen den Rückgriff auf Absurditäten, wenn ihnen gerade nichts Konkreteres einfällt. Und die Leitung steht dann vor der Frage, ob sie mit den Ideen der Spielenden mitgehen oder sie ausbremsen soll.

Dennoch hat The Between auch bei uns gruselige Momente gehabt. Manchmal waren es die Beschreibungen der Spielenden, wenn sie okkulte oder ghulische Aktivitäten ihrer Figuren schilderten. Oft auch ergaben sie sich aus möglichen üblen Wendungen missglückter Würfe.

Die Spielenden können nämlich ein negatives Ergebnis abwenden, indem sie eine von zehn „Masken aufsetzen“, die sie zugleich verpflichten, etwa ein finsteres Geheimnis aus ihrer Vergangenheit zu erzählen. Und weil das so ist, kann und muss die Spielleitung gegenhalten, mit tausend Toden und Verstümmelung drohen, die durch eine Maske dann in letzter Sekunde abgewendet werden.

Mit der letzten Maske allerdings scheidet eine Figur aus dem Spiel aus. Dieses Schicksal traf unsere Amerikanerin, die dauerhaft zur Grizzlybärin wurde und als solche in den Sherwood Forest entfloh. Immerhin bekam Nicole so die Gelegenheit, ein weiteres Klassenbuch auszuprobieren. Als Medium und Zauberin Fiona O’Rourke konnte sie dämonische Mächte für ihre Zwecke einspannen.

The Between ist ein aufregendes, innovatives Rollenspiel. Ich persönlich halte die ungewöhnlichen, in die Kampagne eng eingebundenen Playbooks für seine größte Stärke.

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Missionen und Meerschweinchen

by Nicole

2021 ist besser als 2020. Obwohl wir Großen Alten nicht wie im Vorjahr – kurz vor Beginn der Pandemie – an der Regionalen Vorentscheidung zur Deutschen Brettspielmeisterschaft teilnehmen. Damit fangen wir vielleicht wieder an, wenn das Turnier nicht virtuell, sondern in real life und mit Haselnusschnaps stattfindet. 2021 ist besser, auch wenn zum zweiten Mal die NördSpiel ausfallen muss, weil im Frühsommer die Zahl der Sars-CoV-2-Infektionen zu hoch und die Impfquote mangels Vakzin niedrig ist.

2021 ist ein gutes Jahr, weil wir viele schöne Momente haben. Zunächst beim Rollenspiel auf Discord, erst mit Beyond the Wall, dann beginnt unsere Brindlewood-Bay-Kampagne. 19 Mal treffe ich mich als backbegeisterte pensionierte Grundschullehrerin Bärbel Oberwallner mit meinen beiden zugereisten Freundinnen alias Carsten und Tilo sowie Florian als Rollenspielleiter in Bad Bründlholz, dem oberbayerischen Pendant zur US-Kleinstadt Brindlewood Bay, um Kriminalfälle zu lösen. Und ohne spoilern zu wollen, verrate ich euch: Das Schicksal des Meerschweinchens Knödel geht zu Herzen. Als die dunkle Verschwörung aufgedeckt ist, pausieren wir.

Fortan bin ich einmal wöchentlich verabredet, um digital und auf Discord plaudernd Brettspiele zu spielen mit Claudia, Carsten und Thomas. Ich lerne Yokohama, Viticulture, Deus und Praga Caput Regni kennen. Manchmal haben wir mehr Lust auf Klassiker, dann werden es die Burgen von Burgund, Race for the Galaxy oder Russian Railroads, Azul und Terra Mystica. Die Runde wird 2022 fortgesetzt. Hoffentlich auch mit Gaja Project, was es neuerdings auf Board Game Arena gibt. Ich freu mich drauf.

The Between und Die Crew - Mission Tiefsee
The Between und Die Crew – Mission Tiefsee

Irgendwann Mitte des Jahres sind die meisten in unserem Umfeld immunisiert, Familie, Freunde, Kollegen. Wir gewinnen Sicherheit, sehen wieder Menschen, fahren weg, besuchen den örtlichen Spieletreff (mit Maske) und spielen beim langen 2G-Wochenende im Herbst in Ruppertshofen fünf Tage durch – ohne Maske und wie aus der Zeit gefallen, während außenherum die Inzidenzen wieder steigen.

Auch unser Spiel des Jahres lernen wir dort kennen. Nachdem uns 2020 Die Crew – Reist gemeinsam zum 9. Planeten so gut gefallen hat, das wir es zu unserem Spiel des Jahres gemacht haben, setzt Die Crew – Mission Tiefsee noch eins drauf. Wir sind begeistert. Über 50 Partien werden es in den letzten beiden Monaten des Jahres, zu zweit, zu dritt, zu viert und zu fünft. Wie viele genau, wissen wir nicht, weil Florian aufhört, jede einzelne in der Statistik zu vermerken. Wir spielen Die Crew – Mission Tiefsee mit Vielspielern in Ruppertshofen und mit Freunden beim 2G-plus-Abend. Wir schenken es meiner Schwester und lassen den gemeinsamen 2G-plus-Spielenachmittag über Stunden damit ausklingen.

Autor Thomas Sing hat es noch einmal viel variabler gemacht. Selbst wenn wir alle Missionen irgendwann erfüllt haben, werden wir es sicher immer wieder hervorholen, so wie Hanabi oder Codenames Duett. Zwei kritische Anmerkungen habe ich dennoch: Ich bin keine langsame Spielerin, aber Hektik und Zeit stoppen sind mir zuwider. Das lassen wir weg. Und mit über 50 gewöhne ich mich nicht mehr so schnell an Neues. Tonoya soll der Dummy jetzt heißen. Für uns bleibt er der Jarvis aus der Reise zum 9. Planeten.

Mit Live-Spieleabenden sind wir zurzeit wieder vorsichtig. Unsere neue Rollenspielrunde auf Discord entschädigt dafür umso mehr. Diesmal ist es The Between. Seit Ende September versammeln wir uns regelmäßig mittwochs im London des 19. Jahrhunderts, um Übernatürliches zu besiegen. Manchmal vernichten wir es, manchmal haben wir Mitleid und schicken es nur nach Dänemark. 13 Mal sind wir schon zusammengekommen. Wie das ausgehen wird, weiß ich nicht, aber meine Dynamite Dotty von den Daltons aus Boston fühlt sich ziemlich wohl in der Gesellschaft ihrer Geisterjäger-Kollegen Baston und Geoffrey. Auch wenn beide, für amerikanische Verhältnisse, einen Riesenknall haben. Vielleicht aber auch gerade deswegen.

Unsere Spiele des Jahres

Insel der Glückseligen

by Nicole

Klaus findet Witchstone am besten, das neue Hexenspiel von Reiner Knizia. Tilo mag besonders Faiyum, von Friedemann Friese 2020 in Retro-Optik veröffentlicht. Gabie vergibt ihren Stern an die Leute und das Essen. Das freut mich, denn Gabie ist zum ersten Mal in Ruppertshofen dabei.

2020 hat die Seuche das lange Brettspielwochenende im Gästehaus Grüner Pfad verhindert. 2021 passiert uns das nicht noch mal. Alle Teilnehmer sind geimpft und tragen wie selbstverständlich fast überall Maske, nur nicht in den Spieleräumen. Die sind so groß, das man Sars-CoV-2 samt Hygienemaßnahmen für Stunden vergessen kann. Wir haben die Erlenhalle gebucht. Besser gesagt, den Versammlungsraum und das Bürgerstüble. In der Halle selbst stehen vor der Bühne und an einer Wand Tische für die Spiele, an der anderen Kaffee, Tee, Säfte, Wasser und ein gläserner Topf, der jeden Morgen wieder voller Schokolade ist.

Battlelore

Tierzüchter und Wiederholungstäter

Vier Nächte, fünf Tage: Am Donnerstag treffen die Ersten gegen Mittag ein, am Montag fahren die Letzten, als die Sonne schon an Kraft verliert. Den Auftakt des Wochenendes bildet Castles of Tuscany. Florian und ich haben das Stefan-Feld-Spiel mitgebracht, das viel von Burgen von Burgund übernimmt, aber doch ausreichend individuell ist, Thomas S. und Claudia lernen es kennen. Als letztes wird am Montag Tal der Kaufleute gespielt, ein Deckbuilder, bei dem ich Gabie, Klaus und Tilo nur kurz müde zuschaue. Nach 30 Partien, mal kürzer, mal länger, und vier Nächten mit zu wenig Schlaf bin ich platt.

Zwischen den beiden Spielen, die Anfang und Ende markieren, liegen große und kleine Runden in verschiedensten Besetzungen. Ich spiele mit allen, aber nicht alles, was ich mir vorgenommen habe. Pandoria zum Beispiel fällt dem Zeitmangel zum Opfer. Und Snowdonia. Dafür kommt Hallertau, das neue Rosenberg-Spiel, schon am ersten Nachmittag auf den Tisch. Während immer mehr Teilnehmer eintrudeln, verschieben Claudia, Thomas S. und ich dank unserer Umsicht beim Anpflanzen und in der Tierzucht beharrlich unsere Gemeinschaftshäuser nach rechts, um irgendwann Siegpunkte durchs Fenster winken zu sehen. Ich mag das Spiel, auch wenn ich bei unseren regelmäßigen Radtouren in der echten Hallertau noch nie Schafe gesehen habe.

Am Nebentisch freuen sich Bodo, Thomas O., Peter und Sabine so darüber, endlich wieder den Friedemann-Friese-Klassiker Funkenschlag auspacken zu können, dass sie nach einer Partie mit Gabie glatt noch eine mit Brigitte anhängen. Für Bodo und Thomas O. wird es das Wochenende der zweimal gespielten Mehr-Stunden-Spiele, denn am nächsten Tag sind sie zweimal hintereinander mit ihren Zwergen in größerer Runde in den Caverna-Höhlen unterwegs. Und an den beiden Tagen danach steht je eine Partie Gaia Project auf dem Programm, immer mit mir. Einmal ist noch Tilo dabei, einmal Carsten.

Am ersten Tag spielen wir brav nach den Vorgaben für die erste Partie. Das ist fordernd genug. Ich habe die gelben Xenos und als Besitzerin des Spiels den Vorteil intensiven Regelstudiums im Vorfeld des Wochenendes. In der sechsten Runde habe ich auf einmal das Gefühl, alles fügt sich. Tags darauf ändern wir nichts an der Position der Planeten, wählen aber unter allen 14 Völkern. Bodo probiert es noch mal mit den roten Hadsch Halla, Thomas hat sich in die grauen Mad Androids verguckt und Carsten übt sich im komplizierten Machtkreislauf der weißen Nevlar. Ich entscheide mich für die orangen Geoden, die Meister des Kolonisierens fremder Planeten sind. Diesmal kommt die Zuversicht schon in Runde fünf.

Eigentlich ganz nett

Andrea und Timo, die – von Carsten überzeugt, dass wir alle eigentlich ganz nett und angenehme Mitspieler sind – zum ersten Mal teilnehmen, lerne ich bei eine Reihe kleinerer Spiele kennen und schätzen. Das von ihnen mitgebrachte Come to Fishing Village ist bonbonbunt und pfiffig. Und in Tiefseeabenteuer hat Timo den Mut, noch weiter runter zu den wertvolleren Schätzen zu tauchen, und das Glück, dass wir alle früh wieder zurück im Boot sind und ihm den Sauerstoff nicht streitig machen. Das Meer hat es uns angetan.

Als Fünfer-Crew machen wir am Montag kurz vor dem Mittagessen auf die Schnelle noch Fortschritte bei der Mission Tiefsee. Carsten hat den Nachfolger von Die Crew reist gemeinsam zum 9. Planeten mitgebracht. Florian und ich sind begeistert. Wir wollen es bald zu Hause zu zweit ausprobieren.

Abgesehen von unserer feinen Tichu-Runde, lassen sich Brigitte und Sabine auch auf Krass kariert und Anno 1800 mit Florian und mir ein. Ich mag die Runden mit den beiden, weil alles so entspannt und ruhig ist. Brigittes Investition in eine Kanone im Jahr 1800 zahlt sich voll aus. Wir besuchen sie alle, um unsere Schiffe auszurüsten, was ihr reichlich Gold einbringt. Ich produziere Gin, Sabine Rum. Wenn sie nicht gerade ein Sommerfestle macht. Und Florian nutzt seine und unsere Ressourcen so gut, dass er als Erster seine Karten loswird und souverän gewinnt.

Wie geht‘s uns denn heute?

Florian setzt sich auch am vierten Tag in Steam durch. Sein Highlight des Wochenendes. Nicht weil er gewinnt, sondern weil Steam Steam ist. Auf der Nordamerika-Karte von Ted Alspach, wo die Waren knapp sind, dafür die Loks von Anfang sechs Felder Reichweite haben, startet er als Letzter, gründet eine neue Stadt, weil keiner vor ihm das schon in der ersten Runde tun wollte, und behauptet nach drei Stunden Rangeln um die besten Strecken mit einem Augenzwinkern, das sei entscheidend gewesen. Claudia spielt zum ersten Mal Steam. Den von mir gepriesenen Frauenbonus, die Männer nach den gewünschten Plättchen suchen und die Streckenbaukosten ausrechnen zu lassen, hat sie im Gegensatz zu mir nicht nötig.

Steam America

Mit Peter und Thomas K. bringe ich es auf eine Partie Hadara am Montagnachmittag kurz vor deren Aufbruch. Thomas K., der gerade Le Havre gewonnen hat, nimmt es mir nicht übel, dass er meinetwegen an der Stirnseite des Tisches am weitesten entfernt vom Spielbrett sitzt. Dort konzentriert er sich auf Rot und Militär. Sabine sammelt ihre Karten recht ausgewogen. Brigitte vergisst, in der ersten Runde auf die Ernährung zu achten, im Gegensatz zu Peter, der voll auf die grünen Karten setzt. Das zahlt sich aus, mit knapp 200 Punkten steigt er als Sieger ins Auto, um nach Hause zu fahren.

Am wenigsten spiele ich mit Klaus und Gabie. Ich hoffe darauf, dass sich irgendwann noch einmal die Gelegenheit ergeben wird, mir Red Cathedral erklären zu lassen. Klaus ist am Partyspiel-Samstagabend bei einer Partie Codenames dabei. Doch auch mit seiner souveränen Ansage „Australien vier“ und einem klaren Vorsprung ist nichts zu machen. Carsten, Sabine und Florian sind unschlagbar. Gabie ergänzt die Runde beim ersten Kneipenquiz des Wochenendes. Sie ist die Einzige, die bei Pluralis sanitatis auf „Wie geht‘s uns denn heute?“ kommt.

Das Gespenst und die Weltgeschichte

Stille Post extrem ist auch wieder fein, mein Interpretationsvermögen allerdings ausbaufähig. Sabines sich putzende Katze, die Katzenwäsche symbolisieren soll, sieht definitiv wie ein kotzender Hund aus. Dafür komme ich bei ihrer Zeichnung von See und Pferd auf Seepferdchen – der einzige Begriff, der bis zum Ende korrekt bleibt. Aus Brigittes Zoo wird ein Waldkindergarten. Vielleicht, weil sie die Gehege weggelassen hat. An meinen Malkünsten muss ich auch noch arbeiten. Mein Homer Simpson mit Glubschaugen und Donut sieht für Tilo wie Frodo mit dem Ring aus. Und der verwandelt sich im Laufe der weiteren Stationen zu Hui Buh.

Das Schlossgespenst tritt am nächsten Abend noch einmal auf. Beim zweiten und letzten Kneipenquiz. Das schließt sich an das traditionelle Brief History of the World an. Diesmal mischen neben Carsten, Florian, Thomas S. und mir auch Thomas O. und Claudia die Karten der Weltgeschichte neu. So souverän Alexandra ihre Elefanten über die Alpen führt, Attila der Hunnenkönig seine Nachbarn heimsucht und Dschinghis Khan sich von der Mongolei aus ausbreitet, am Ende sind die 15 Armeen und drei Gratis-Forts der Gaia Julia Cäsaria spielentscheidend.

Zurück zu Hui Buh und den Kneipenquiz-Fragen: Unsere Kindheit ist zu lange her. Keiner erinnert sich daran, dass sich Ritter Balduin wegen Falschspiels aus Versehen selbst verflucht. Vermutlich weiß es Gabie, doch die ist da schon im Bett. Wieder scheitern wir auf der höchsten Stufe In your Dreams. Aber man sollte sich auch noch Ziele fürs nächste Jahr aufheben. Da ist das Gästehaus wieder vom 28. Oktober bis 1. November für uns reserviert. Vielleicht stoßen dann erneut ein paar nette Neuzugänge hinzu. Und hoffentlich klappt das Wiedersehen mit Ulrike und Joachim, die in letzter Minute absagen mussten. Wir haben sie vermisst. Und das Marco Polo 2, das sie mitbringen wollten.

Erlenhalle

Blanke Namen zum Ausklang

Was alles auf den Tischen in der Erlenhalle lag:
7 Wonders, A Fake Artist Goes to New York, Aeon’s End, All Bridges Burning (GMT), Anno 1800, Archipelago, Avalon, Barrage (Wasserkraft), Battlelore, Blackout Hong Kong, Bonfire, Brass – Birmingham, Brief History of the World, Castles of Tuscany, Caverna, Chicago 1875 – City of the Big Shoulders, Clever Hoch drei, Codenames, Come to Fishing Village!, Concordia mit Erweiterungen, Conquest of Paradise (GMT), Das Zepter von Zavandor, Decrypto, Der Widerstand, Die Crew – Mission Tiefsee, Die Siedler von Catan, Dominant Species (GMT), Ein Fest für Odin, Eine wundervolle Welt, Era of Tribes, Faiyum, Fantastic Factories, Flamme Rouge, Flash Point: Fire Rescue, Forgotten Waters, Fort Sumter (GMT), Funkenschlag, Gaia Project, Glen More II, Grand Austria Hotel, Great Western Trail, Hadara, Halle des Bergkönigs, Hallertau, Hansa Teutonica, Inhabit the earth, Just One, Kemet (Matagot), Kingdomino, King of Tokyo, Kitchen Rush, Kneipenquiz, Kokopelli, Krass kariert, Le Havre, LlamaLand, Lorenzo der Prächtige, Lost Ruins of Arnak, Lovecraft Letter, Machi Koro + Erweiterung, Mage Knight, Merv, Monumental, Navegador, Neom, Newton, Nova Luna, Oregon, Pact, Paleo, Pandoria, Pericles (GMT), Pitchcar Mini, Poison, Praga Caput Regni, Project L, Race for the Galaxy, Rajas of the Ganges, Red Cathedral, Renature, Res Arcana, Roll for the Galaxy, Root + Riverfolk, Saboteur, Sag’s mir / Familie, Schotten-Totten, Snowdonia, Space Base, Space Corp 2025-2300 AD (GMT), Splendor, Steam, Stille Post extrem, Switch and Signal, Tabu (Midnight), Tal der Kaufleute, Tekhenu, Tempel des Schreckens, Terraforming Mars mit allen Erweiterungen, The Mind, Tichu, Tiefseeabenteuer, Trans Europa, Underwater Cities, Vanuatu, Village, Watergate, Witchstone, Zirkadianer – erstes Licht.

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März 2021: Eine Ziege mit zwei Köpfen

by Florian

Ende der Achtzigerjahre gab es eine Rollenspiel-Convention namens Munich One, die trotz ihres Namens in Gräfelfing stattfand. Ich habe dort ein Robin-Hood-Abenteuer nach den Regeln von Runequest 3 und ein Diebesabenteuer mit einem selbst entwickelten Minimal-System mit Münzen geleitet, das heute als verschollen gelten muss. Zum Glück.

Seit jenem Tag war ich nicht mehr Spielleiter einer öffentlich ausgeschriebenen Runde, im März 2021 dann gleich zweimal: einmal Brindlewood Bay und einmal Trophy Gold. Weil es letzten Monat schon ausführlich um Brindlewood ging, erzähle ich heute von Trophy.

Straßenkinder von Ur-Hadad

Eine Fantasy-Metropole. Drei versprengte Mitglieder einer Straßenbande auf der Flucht. Mit dem Maskottchen einer fremden Bande. Ein langer Heimweg durch die abendliche Stadt. Ein Fest im Karawanenpark. Ein vermisster Feuerschlucker. Das waren die Elemente, die mir die Zufallstabellen aus Edgar Johnsons Street Kids of Ur-Hadad an die Hand gaben.

Ich hatte eine Reihe von Einstiegsfragen vorbereitet. Meine Spieler – Dominic, Eric und Waldemar – brauchten die gar nicht. Sie fingen während der Figurenerstellung von selbst an, ihren Hintergrund auszufabulieren. Drei Geschwister wollten sie sein, und bei dem eroberten Maskottchen sollte es sich um eine doppelköpfige Ziege handeln.

ur-hadad-logo

Das ursprünglich für Dungeon Crawl Classics geschriebene Abenteuer lief von selbst. Das Spielsystem Trophy Gold ist darauf ausgelegt, Old-School-Szenarien mit überschaubaren Mitteln zu spielen und die Spieler über die Aktionen ihrer Figuren hinaus am Ablauf der Geschichte zu beteiligen.

Als Trophy-Anfänger machte ich einige kleine Fehler, wollte wohl auch die Gefahrenwürfe (Risk Roll) zu sehr mit Bedeutung aufladen, zu viel originelle Wendungen einbauen. Das war nicht nötig, ich hatte ja die skurrilen Vorgaben des Abenteuers und die Ideen der Spieler. Tipp an mich selbst fürs nächste Mal: Mach’s nicht zu umständlich. Wähle die offensichtlichen Gefahren, Teufelspakte und Komplikationen.

Zum Glück ist Trophy robust. Die Erzählung floss weiter, im Lauf der nächsten Szene gerieten die überzähligen Komplikationen in Vergessenheit. Es war kein spektakulärer, aber ein schöner Abend, und ich freue mich auf meine nächste Runde Trophy – nicht erst in 30 Jahren.

Mörk Borg und andere Grausamkeiten

Sechs Abende im März habe ich als Spieler in Runden anderer mitgemacht. Das waren ausnahmslos Höhepunkte: Als griechischer Priester kämpfte ich in Agon gegen eine Riesenschlange, als Ritter der Tafelrunde scheiterte ich in Chalice an meinem Stolz. In Mörk Borg spielte ich einen dummen Adligen mit klugem Pferd und anschließend (weil ich schnell starb) einen Mönch mit Fistelstimme. Mein Messerwerfer gab in Dungeon World seine Abschiedsvorstellung (siehe Februar-Bericht), und in Trophy Dark erkundete ich die Höhen des Schwarzwalds auf der Suche nach Hexenkulten.

Schließlich verfolgte ich in Call of Cthulhu als sowjetischer Politkommissar Achmerow Misswirtschaft im Sowchos Krasivyj Oktabyr. Nächste Woche wird sich zeigen, was grusliger ist, die Menschen oder die lovecraftischen Monster. Schließlich agieren meine Mitstreiter und ich im Namen von Stalins Innenministerium, dem NKWD.

Kingdom Builder

Was Brettspiele anging, haben Nicole und ich endlich die Codenames-Web-App erprobt. Die macht das Onlinespielen wirklich einfacher. Niemand muss mehr Karten auslegen und jede Runde einmal abfotografieren. Selbst zu zweit spart man sich die Mühe des Aufbaus. Allerdings stellten wir fest, dass die Konzentration nicht so hoch ist wie am Tisch vor ausgebreiteten Karten.

Dazu haben wir Kingdom Builder mal wieder aus dem Regal geholt, eins unserer langjährigen Lieblingsspiele. Es steckt voll aktueller Erkenntnisse. Ein Herrscher hat es schwer. Nimm das, sagt das Schicksal maliziös grinsend, und gibt dir eine lächerliche Karte in die Hand. Mach das beste draus!

Als Regierender muss man sich den Fakten stellen, die Lage studieren, die Siegbedingungen im Kopf halten und von Runde zu Runde entscheiden, wo nachhaltiger Punktgewinn möglich ist. Wie als Spielleiter in Trophy Gold gilt: Mach’s dir einfach, halte dich an die naheliegenden Optionen. Tu, was getan werden muss. Hör auf die Stimme der Vernunft.

Ach ja. Es war ein guter Monat – zumindest spieletechnisch.

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Februar 2021: Zwischenbericht aus Bad Bründlholz

by Florian

Hier geht es weiter wie angekündigt: mit einer neuen Rollenspielkampagne, aber auch einem komplexen Brettspiel. Ach, Februar, wärst du nur nicht so kurz.

Brindlewood Bay

In Brindlewood Bay klären die Ermittlerinnen (sämtlich ältere Damen) Mordfälle auf. Die Besonderheit: Es gibt in jedem Szenario eine Liste Verdächtiger, aber der Täter steht zu Spielbeginn nicht fest. Mit einem Spielzug namens Theoretisieren können die Detektiv-Damen versuchen, den Fall zu lösen.

Das ist in der Praxis so faszinierend, wie es klingt. Mit einer Einschränkung. Den Rätselcharakter von Sherlock Holmes – Criminal Cabinet, Call of Cthulhu oder Mythos Tales hat es nicht. Solche Spiele wird Brindlewood Bay für mich nicht ersetzen. Das hatte ich auch nicht erwartet.

Bad Bründlholz

Brindlewood Bay in Bad Bründlholz

Die ersten fünf Abende sind gespielt, die ersten Eindrücke gesammelt. Ich habe das Gefühl, das ist alles noch sehr vorläufig, da gibt es noch viel zu entdecken. Unter diesem Vorbehalt ein paar Anmerkungen:

  • Wir spielen im fiktiven bayrischen Ferienort Bad Bründlholz, idyllisch am See und am Fuß hoher Berge gelegen. Einfach weil mir der amerikanische Hintergrund nicht so zusagte.
  • Eigentlich wollte ich nur die Originalabenteuer ein bisschen lokalisieren, aber sowas ufert ja immer aus. Außerdem ist bei uns Sommer, in den Originalabenteuern Winter.
  • Die Regeln von Brindlewood sind kurz und nicht komplex, aber dicht. Bisweilen fehlen mir ein paar ergänzenden Erläuterungen. Was heißt es konkret, wenn nach erfolgreichem Theoretisieren der Spielleiter „eine Möglichkeit schafft, dem Täter das Handwerk zu legen“?
  • Ich habe noch nicht rasend viel Erfahrung mit modernen Erzählspielmechanismen wie PbtA. Ich fühle mich als Spielleiter in Brindlewood ganz schön gefordert. Bei einem Erfolg mit Komplikation beim häufigsten Spielzug, der Ermittlung, muss ich sowohl einen Hinweis an die Situation anpassen und schildern als auch die besagte Komplikation benennen. Puh!
  • Im Original passen die Fälle dank kleiner Schrifttype auf zwei Seiten. Ich habe mir meine Fälle bequem mit viel Weiß auf je fünf Seiten ausgedruckt. Blöde Idee, da ist man die ganze Zeit am Blättern. Alles sollte möglichst gleichzeitig im Blick sein.
  • Ich bin nicht der Einzige, der noch lernt. Meine Spieler begeistern sich für Hintergrund und Ermittlungsarbeit. Ihre Vorgeschichte und ihre heimische Ausstattung zu ihrem Vorteil ins Spiel zu bringen, fällt ihnen bisweilen noch schwer.
  • Weil die Spieler aus Angst vor schlechten Würfelergebnissen stets weit mehr Hinweise sammeln, als sie eigentlich benötigen, haben sich bereits zwei Angehörige der dunklen Verschwörung enttarnt, die Gegenstand der finalen Episode sein wird.

Im März werde ich erstmals eine andere Gruppe als meine Stamm-Mitspieler (Nicole, Carsten und Tilo) nach Bad Bründlholz begleiten. Ich bin schon gespannt.

Andere Welten

Als Spieler habe ich im Februar drei Rollenspielsysteme erlebt:

  • In Dungeon World, geleitet von Sal, bin ich ein freundlicher, umgänglicher, messerwerfender Dieb. Mein Name ist Chon Burch, ich stamme aus der Kalten Steppe. Ein Magier namens Fenfaril und der Barde Baldur begleiten mich in den Minen von Farad-Dul. Ich konnte meine Spezialkenntnisse schon gewinnbringend einsetzen. Heute folgt der dritte und leider letzte Teil.
  • In Trophy Dark nahm uns ein schrulliger alter Mann, vorgestellt von Spielleiter Christopher, in seine WG auf. Eine super Idee, bei den Mieten heutzutage. Wir sollten sogar Geld bekommen, wenn wir fünf Tage durchhielten. Für meine Figur die Chance auf ein Grundkapital, um meine Erfindung endlich zu verwirklichen: ein multidimensionales Spektiv. In Wirklichkeit herrschten Ratten über Haus und Bewohner, und ich musste froh sein, lebend davonzukommen: mit einem Sprung aus dem ersten Stock in die Rosenbüsche.
  • Auch in Mythos World überlebte ich, obwohl sich riesige Fischwesen über mich, meine Begleiter und meine Rieslingvorräte hermachten. Eine Demütigung ohnegleichen für Gabriel von Conz, den Lebemann aus gutem Hause. Es fing alles so gut an. Mit dem expressionistischen Maler Erich Dreifuß, dem Bühnenzauberer Claas Holm alias „Il Magnifico“ und dem Kleingauner Max Klee reiste ich auf die Nordseeinsel Kraakeog. Erste Ernüchterung: Hier gibt’s kein Hotel … Tja, und von da ging es immer nur bergab.

Hallertau

Diverse Codenames-, Just One– und Kneipenquiz-Runden via Discord machten auch im Februar den Großteil unseres Soziallebens aus. Außerdem erarbeitete Nicole für uns die Regeln eines neuen Brettspiels: Hallertau von Uwe Rosenberg.

Die Hopfenlandschaft liegt quasi vor unserer Haustür. Ich kenne mich aus, ich fahre da gelegentlich zwischen den Hügeln Rad. Was ich noch nie gesehen habe: Häuser, die regelmäßig weiter nach rechts rutschen, sobald der Wohlstand der Bewohner zunimmt. Muss ich bei der nächsten Tour mal drauf achten.

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Januar 2021: Wieder Rollenspieler

by Florian

Manchmal passieren Dinge, die hat keiner vorhergesehen. Nicht mal Bill Gates oder Christian Drosten.

18 Jahre lang habe ich mit wechselnder Intensität Rollenspiele gespielt. Mit Stift und Zettel statt Computer. Ihr wisst schon.

Dann habe ich 18 Jahre Pause gemacht. Ich dachte, das Kapitel wäre abgeschlossen.

Seit ein paar Monaten bin ich wieder Rollenspieler.

Den ruhenden Stein brachten Twitter-Bekanntschaften ins Rollen, die neben Brettspielen auch Rollenspiel spielen. Insbesondere Sandra und Moritz. In den Runden dieser beiden durfte ich 2020 mindestens einmal mitmachen.

Dazu kam die Erkenntnis, dass sich das Hobby in den letzten 18 Jahren weiterentwickelt hat. Neugierig geworden, erwarb ich Beyond the Wall, das Old-School-Regeln mit neuen Konzepten (insbesondere „Playbooks“, fragebogenartigen Spielhilfen für die Figurenerschaffung) kombiniert.

Beyond the Wall/Switch & Signal

Beyond the Wall

Mit Tilo, Carsten und Nicole gründete ich eine Beyond the Wall-Runde. Nach zehn Folgen ging die Mini-Kampagne im Januar zu Ende. Für Interessierte folgen einige meiner Erkenntnisse:

  • Die Regeln sind schön einfach gehalten. Die Figurenerschaffung von Beyond the Wall gibt den Figuren eine Portion Hintergrund, eine gemeinsame Vorgeschichte. Das hat uns einen fliegenden Start ermöglicht.
  • Meine Spieler wollten nicht gerne Gewalt anwenden. Selbst Tonfiguren zu zerschlagen, war ihnen unangenehm. Sie haben kaum gekämpft, wahrscheinlich weniger als andere Gruppen gewürfelt. Entsprechend waren die Schicksalspunkte (fünf pro Abenteuer für Schurken, drei für andere Klassen) zu reichlich. Ich würde sie im Wiederholungsfall auf zwei beziehungsweise einen Punkt kürzen.
  • Mit den Abenteuern von Beyond the Wall bin ich nicht warm geworden. Zu wenig stimmungsvoll, zu wenig Rätsel. Herausragende Erlebnisse boten hingegen die konvertierten Szenarios „The Darkness Before Dawn“ (Dragon Warriors) und „The Portal Under the Stars“ (Dungeon Crawl Classics).
  • Aufgrund der speziellen Gruppenzusammensetzung (zwei Magier, eine Waldläuferin) lag es nahe, selbst Abenteuer zu schreiben. Das tat ich auch. Das erste war prima, das zweite ging an der Gruppe vorbei. Zufällig bekam ich in dieser Phase das Buch Play Unsafe von Graham Walmsley in die Hände. Ich glaube, das hat meine Spielleiter-Fähigkeiten einen Riesenschritt vorangebracht. Vor allem der Hinweis, jede Idee aufzugreifen und weiterzuspinnen. Seither sage ich regelmäßig: „Ja, genau so ist es! Und außerdem …“
  • Da ich gleichzeitig als Spieler diverse andere Systeme ausprobierte, kam ich auf die Idee, für besondere Szenen „Spielzüge“ in die D&D-artigen Regeln von Beyond the Wall zu übernehmen. Das ist mit etwas Vorbereitung verbunden, aber es lohnt sich, und ich kann ein solches Experiment jedem, der ein vergleichbares System spielt, nur empfehlen. Hier ein Beispiel:

Im Waldsee nach einem magischen Ring tauchen:
Mach eine Probe gegen GE (Fertigkeiten wie Schwimmen oder Tauchen geben Bonus). Auch bei einem Misserfolg findest du den Ring, aber wähle eins:

  • 1W6 Sumpfegel saugen sich an deinen Armen fest.
  • Du bleibst in Schlingpflanzen hängen und musst gerettet werden.
  • Der Ring rutscht dir durch die Finger, du kehrst ohne ihn ans Ufer zurück.

Libreté

Dreimal habe ich im Januar als Spieler Libreté von Vivien Féasson gespielt, in einer Viererbesetzung unter der Leitung von Eike. Das französische Rollenspiel rückt in der Tradition des Comics Seuls und von Peter Pan eine Schar Kinder in den Mittelpunkt. Sie müssen in einer dystopischen Welt ohne Erwachsene überleben. Meine Figur Clotaire trug zwar einen Namen aus dem Petit Nicolas von Goscinny (und eines Merowingerkönigs), war aber an Ralph aus Goldings Lord of the Flies angelehnt. Ich habe mir für ihn auch ein Bild der Sechzigerjahreverfilmung von Peter Brook ausgeliehen.

Unser Zufluchtsort – unsere Libreté – war ein alter Bahnhof, der sich für uns vier als unerwartet gefährlich erwies. Eine Gruppe von „Dungeoneers“, denen unterirdische Aufräumarbeiten oblagen, rebellierte gegen gegen unsere Anführerin, La Reine Madeleine. Und man stelle sich vor, diese Verräter hielten sich eine Giftschlange als Haustier, die eine von uns biss!

Schlimm fing es an, schlimm ging es weiter: Wir konnten die Absetzung Madeleines nicht verhindern, die Dungeoneers nur mühsam in die Schranken weisen, und im Durcheinander schlug ich, wütend mit einer Metallstange fuchtelnd, die Glasdecke des Bahnhofs kaputt. Regen drang ein und, mit ihm die gefährlichen Sirenen.

Wir mussten die Libreté aufgeben. Mit einer Dampflok brachen wenigstens zwei von uns ins Unbekannte auf, ein neues Zuhause zu finden …

Und Brettspiele?

Ich vertrete die Meinung, dass sich Rollenspiele online viel besser als Brettspiele spielen. Nicole dagegen ist öfter auf Board Game Arena unterwegs, um mit Freunden Marco Polo II oder Terra Mystica zu spielen.

An freien Tagen bringen wir aber immer mindestens eine Partie unter. Zuletzt hat uns Switch & Signal hervorragend gefallen. Zudem schieben wir bisweilen ein Hanabi ein.

Mal sehen, was die Zukunft bringt, außer hoffentlich genügend Impfstoff. Ich könnte mir vorstellen, dass hier künftig öfter Rollenspiele Erwähnung finden.

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Vielleicht doch nicht so schlecht

by Nicole

Das Spieljahr 2020 hört Mitte März auf, ein gutes zu sein. Nach dem Regvor-Trainingswochenende der Großen Alten im Januar, dem Ausflug zum Brettspieltag im Erdinger Nachbarschaftstreff, der Regvor selbst im Februar, meiner Partyspielparty ein Wochenende später, mit der wir in meinen 49. Geburtstag hineinfeiern. Und nach dem Sonntag, den wir Anfang März bei unserem Freund Carsten im Kreis Ludwigsburg verbringen. Spielend, versteht sich. Da sind wir mit dem Zug zum Rainald-Grebe-Konzert nach Stuttgart gereist, gehen vorher essen und sitzen hinterher bei einem Glas Weißwein in der Bar des Theaterhauses. Corona kann nicht so schlimm sein, denke ich. Das ist ja nicht die Pest, sage ich.

Ich müsste es besser wissen, denn vom 27. Januar an haben wir in der Lokalausgabe der Tageszeitung, für die ich arbeite, fast täglich über das Virus berichtet. Stockdorf und die Webasto-Firmenzentrale als Schauplatz des ersten deutschen SARS-CoV-2-Falls liegt nicht mal zwei Kilometer von unserer Redaktion entfernt.

Wir hören auf, Menschen zu treffen und mit anderen zu spielen. Wir kaufen uns Roll for Adventure als unser Corona-Spiel. Öfter als siebenmal spielen wir es nicht. Die verstörenden Nachrichten, die Verunsicherung sind der Konzentration abträglich. Als im Juni das liebgewonnene Brettspielwochenende Nördspiel ausfällt, verlegen wir es immerhin vom Ries zu uns nach Hause, mit Klassikern wie Steam, Kneipenquiz und Codenames. Alles zu zweit.

Im Juli besuchen wir für ein Wochenende Freunde in Hessen, die ähnlich zurückgezogen leben. Es tut gut, Flamme Rouge, Burgen von Burgund oder das kleine Rollenspiel Risus anzugehen.

Pandemie-Spieletreff

Mehr Platz im Pfarrsaal als vorgeschrieben

Die Zahl der Neuinfektionen ist niedrig im Sommer. Zaghaft nimmt Vierkirchen verspielt wieder seinen Betrieb auf, erst draußen vor dem Pfarrsaal, nach den Ferien drinnen bei geöffneten Schiebetüren, mit FFP2-Maske. Es geht.

Weil die Inzidenz lange Zeit nicht steigt, wage ich zu hoffen, das von mir organisierte lange Brettspielwochenende Anfang November in Ruppertshofen könnte vielleicht doch stattfinden. Wenn Florian und ich immer FFP2-Maske tragen, hat meine Ärztin keine Einwände. Sie sagt, es sei wichtig, mal rauszukommen. Doch am Ende gelten verschärfte Maßnahmen. Wir überweisen den zwölf Mitspielern, die das Treffen genauso gerne wie wir durchgezogen hätten, das Geld zurück.

Wir versuchen nicht, Ruppertshofen in unser Wohnzimmer zu holen, aber laden am eigentlichen Abreisetag alle Ruppertshofen-Angemeldeten zum Kneipenquiz auf Discord. Zu neunt spielen wir, erst das Quiz, dann Schätzen Sie mal und zuletzt Just One.

Die Seuche hat auch bei uns für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Nicht nur, dass wir uns inzwischen wöchentlich mit Tilo und Carsten zum Rollenspiel Beyond the Wall auf Discord treffen. Alle drei Wochen kommt eine größere Runde zu Kommunikationsspielen zusammen. Kneipenquiz haben wir zuletzt auf der schwierigsten Stufe geschafft. Und heute, am Silvesterabend, wollen wir zu siebt Concept angehen. Das gibt es neuerdings auf Board Game Arena. Da bin ich inzwischen Premiummitglied. Auf BGA kann man auch Marco Polo 2 spielen. Das mache ich oft und gerne. Und Die Crew, Kennerspiel des Jahres 2020 und – tatatataa! – auch unser Spiel des Jahres.

Die etwa 20 Partien neulich auf BGA nicht mitgezählt, haben wir es heuer 110-mal gespielt. Auch live zu viert während der Pandemie mit Birgit und Patrick. Für Die Crew wäre Florian sogar bereit, auf BGA zu spielen.

110 Partien entsprechen fast einem Viertel all unserer 2020 gespielten Partien. Auf Platz zwei folgt Hanabi (28). Wir haben auch sehr gerne Auf den Spuren von Marco Polo (21), Paleo (13), Nova Luna (13), Ulm (8) und besonders Cooper Island (5), im Oktober das erste komplexe Spiel seit Beginn der Seuche, auf den Tisch gebracht. Insgesamt waren es 89 verschiedene Spiele und 460 Partien.

2019 waren es 629 Partien. Auch das ist ein Grund, warum ich sage, 2020 hat Mitte März aufgehört, ein gutes Spieljahr zu sein. Aber so schlecht war es vielleicht doch nicht. Wir sehen uns auf Discord oder BGA.

Unsere Spiele des Jahres

September 2020: Stolpersteine überall

by Florian

Aus meinem Tagebuch:

30. September: Ist nicht demnächst der Monatswechsel?
1. Oktober: Das kam plötzlich. Aber gut, fange ich mal meinen Rückblick an. Als Vorspann schreibe ich einfach: „Juhu, pünktlich!“
2. Oktober: Jetzt nicht nachlassen. Den Einstieg werde ich wohl noch mal ändern müssen …

Deadline

Mythos Tales haben wir abgeschlossen, im September folgte die erste kooperative Ermittlung in New York. Eine von zwölf. Die Mechanik von Deadline gefällt, der Fall war fast zu leicht. Vor der nächsten Partie muss ich noch mal in die Regel schauen. Darf man die Partie frühzeitig abbrechen, wenn man glaubt, alles zu wissen, oder müssen wir stumpfsinnig alle Örtlichkeiten abarbeiten?

Details der Titelbilder von Ulm, Deadline, Carcassonne, Castles of Tuscany

Septemberspiele 2020

Ulm

Auch in Ulm trägt man jetzt Maske. Es wurde im Vierkirchner Treff gespielt. Michael fiel die Gewöhnung ans Schieben von Aktionssteinen schwer, Felix stieß nach Anfangsproblemen auf Platz zwei vor, hinter Nicole.

Neulich habe ich die BGG-Solovariante probiert und knapp verloren. Vor allem aber spielen wir es weiter zu zweit.

Castles of Tuscany

Es stimmt, was sie sagen: Die Regeln sind nicht in jedem Sonderfall eindeutig. Wir haben anscheinend trotzdem alles richtig gespielt.

Manches in Tuscany ist wie in Burgen von Burgund, vieles anders. Insbesondere setzt Castles of Tuscany bei der an Bubu vielfach kritisierten thematischen Einbettung noch eins drauf. In der Regel steht, Hintergrund sei die Toskana des 17. Jahrhunderts, auf der Schachtel ist vom 15. Jahrhundert die Rede. Hauptsache Italien!

Carcassonne

Neuer Solo-Highscore: 75 Punkte. Läuft.

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