Ein nicht ganz durchschnittlicher Sonntag
von Florian
Gestern, am Sonntag, 24. Februar, wurde in München die Regvor gespielt: das regionale Vorentscheidungsturnier zur Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Brettspiel. Auf dem Programm standen gute Turnierspiele (Russian Railroads, Azul) und weniger gute (Mystic Vale, Machi Koro). Es waren nette Leute da, wir saßen im Wirtshaus und haben ein wenig geplaudert. Ich bin erst Dritter geworden, dann dreimal Zweiter, was 11 Punkte ergab – das exakte Durchschnittsergebnis, weil erste Plätze einen Extrapunkt bringen.
Wie immer fährt das Team U++ zum Finale, dazu der Turniersieger Ohne Risiko mit vier Nebenwirkungen. Das eine war vorher abzusehen, das andere zumindest nicht auszuschießen.
Es war also ein durchschnittlicher Sonntag. Und damit könnte dieser Bericht enden. Aber zwei Dinge möchte ich doch noch erwähnen.

Mein mystisches Tal
Nichts hat für mich die Regvor 2019 und das Üben vorher so geprägt wie Mystic Vale. Ich mag das Spiel nicht, ich mag sein Plastikmaterial nicht und nicht den hohen Glücksanteil, das Ökofantasy-Thema gefällt mir nicht, und ich will mir auch grundsätzlich keine Spielkarten während der Partie selbst zusammenbasteln.
Aber.
Man kann Mystic Vale üben, kann sich zäh und langsam verbessern. Es hat eine Lernkurve. Eine flache, lange. Ohne eingebaute Sieggarantie. Das Glück kann auch einem erfahrenen Spieler immer noch die Partie zerstören.
Gestern hatte ich kein rechtes Glück in Mystic Vale. Die Umstände waren, ehrlich gesagt, schrecklich. Wir hatten den dunkelsten Tisch des dunklen Wirtshaussaals. Es war das letzte Spiel des Tages, und manche Mitspieler (übrigens nette Leute, die meine Abneigung für Mystic Vale teilten) waren schon mit sich und dem Turnier fertig. Als die selbsterfüllende Prophezeiung eintraf und es für sie nicht lief, nahmen die Gespräche zu, die Konzentration sank.
Auch bei mir lief es nicht. Aber ich hatte das Spiel unverhältnismäßig oft geübt. Ich hatte gelernt, wie man sein Deck schneller macht, indem man möglichst oft das dritte Vergängnissymbol vom Stapel herunternimmt. Ich hatte geübt, einzelne gute Karten aufzubauen und möglichst oft auf die Hand zu bekommen. Das konstante Üben hatte mich in seinen Bann gezogen – das Üben mehr als das eigentliche Spiel.
Ich bin überzeugt: Ohne diese Übung wäre ich gestern nicht Zweiter in Mystic Vale geworden. Und ich glaube übrigens, auch in Machi Koro hätte ich den zweiten Platz verpasst, wenn ich nicht trotz allem an meiner Molkereien-Strategie festgehalten hätte. Die Wahrscheinlichkeit war auf meiner Seite, die Erträge waren es lange Zeit nicht.
Zweite Plätze sind eher bescheidene Erfolge, derer ich mich gar nicht weiter rühmen will. Ich mag Mystic Vale immer noch nicht, und die Partie selbst war eher unangenehm. Erst jetzt, im Rückblick, bin ich froh, mich trotz Abneigung in das Spiel hineingefuchst zu haben.
Um bei einer Regvor erfolgreich zu sein, können Glück und etwas Talent reichen. Aber wie ich auf der Online-Plattform Yucata sehen konnte, hat eine ganz bestimmte Mannschaft, die jedes Jahr oben steht, Mystic Vale hunderte Male gespielt und vermutlich durchanalysiert. Sie hat sich nicht auf das ohnehin vorhandene Talent und ihre klugen Köpfe verlassen. Diese Mannschaft war in Mystic Vale die beste. Davor ziehe ich meine Mütze – und freue mich ganz bescheiden über meinen hart erkämpften zweiten Platz.
Die besten Mitspieler
Nicht nur andere Mannschaften waren gut, auch zwei meiner Mitspieler. Nur Carmela erwischte einen schwarzen Tag. Das kann auf einer Regvor ebenfalls passieren: Manchmal hilft alles Üben nichts, und man landet Spiel um Spiel auf einem der hinteren Plätze.
Aber.
Thomas holte zwei erste Plätze, in Azul und Mystic Vale. Nett, wie er ist, betonte er mir gegenüber anschließend, in Azul meine Strategie umsetzt zu haben. In Russian Railroads jedenfalls holte er mit seiner eigenen Strategie (Devise: spät, aber dafür auf allen Linien punkten) einen zweiten Platz und insgesamt 14 Punkte. Zwar nicht die 16 Punkte, die die Online-Statistik ihm zuschrieb, aber ein dicker Erfolg.
Das konnte nur Nicole übertreffen, die gleichauf mit drei anderen Spielern 18 Punkte einfuhr und als beste Spielerin einen Preis überreicht bekam: das von uns vorab als Wunsch genannte Tribes von Rustan Hakansson.
Nicole gewann drei von vier Turnierpartien. Ausgerechnet in ihrem seit Jahren herausragenden Spiel, Russian Railroads, machte sie nur den zweiten Platz. Aber das war ihr dann auch egal. Zumal sie erstmals das Glücksspiel für sich entscheiden konnte, was sie besonders freute.
Da sich gerade die ersten Plätze relativ stark übers Mittelfeld der Mannschaften verteilten, genügte uns eine Summe von 49 Punkten für den dritten von zwölf Plätzen. Das bedeutete: keine Expedition nach Bad Nauheim, wo im Mai das Finale stattfindet, aber Spielepreise. Ja, unglaublich, zwei weitere Spiele für uns. Thomas angelte sich Photosynthese, Nicole griff nach Adventure Island.
Hübsche Ausbeute
Mit fünf Spielen in der Sporttasche waren wir gekommen: Das fünfte neben den Turnierspielen war die Hobbit-Edition von Love Letter für die S-Bahn-Fahrt gewesen. Auf der Rückfahrt hatten wir acht zu schleppen. Thomas und ich nahmen jeder einen Henkel.
Zwei neue Spiele liegen nun hier in Vierkirchen im Regal. Eine ganz hübsche Ausbeute für eine mittelmäßige Leistung an einem mittelmäßigen Sonntag, wie ich gerne zugebe. Aber dann sage ich mir, dass ich die Spiele quasi als Preis für die besten Mitspieler gewonnen habe.
Zumal ich in der S-Bahn, in Love Letter, an dem Tag einfach unschlagbar war.
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Ältere Regvor-Berichte:
Chapeau Nicole – zum zweiten mal geteilter Tagessieger!