Phileas Foggs Kamelritt
von Florian
Der berühmte Roman In 80 Tagen um die Welt sollte ursprünglich eine weitere Episode enthalten, die später gestrichen wurde. Jules Verne plante, das Schiff der Reisegesellschaft im Roten Meer kentern zu lassen, woraufhin Phileas Fogg Kamele kaufen würde, um auf ihnen in einem wilden Ritt Aden zu erreichen. Leider zog ein Sandsturm auf, in dem die Kamele wiederholt übereinander stolperten. Passepartout als Vorreiter beschloss in dem Chaos, sich an einer Pyramide zu orientieren und diese stets rechts von sich zu halten – sodass die Gesellschaft sich am Ende des Sturms an eben jener Stelle befand, an der sie Stunden zuvor von seinem Aufziehen überrascht worden war. Man hatte die Pyramide genau einmal in großer Distanz umrundet …
Nein, halt, stimmt nicht. Das hat Verne wohl nicht geplant. Vielmehr habe ich die Themen der letzten beiden Spiele von Steffen Bogen zusammengeworfen. Dem mit dem Spiel des Jahres prämierten Camel Up ging nämlich ein anderes Rennspiel namens Phileas Fogg & Co voraus.
Wechselnde Identitäten
In beiden Spielen wird eine Rundstrecke genau einmal absolviert. In beiden Spielen sind die Interessen der Spieler verborgen – in Camel Up, weil verdeckt gewettet wird, in Phileas Fogg, weil jeder (ähnlich wie in Heimlich & Co von Wolfgang Kramer, auf das der Titel anspielt) eine verdeckte Identitätskarte vor sich liegen hat.
Diese Rolle lässt sich einmal im Spiel, aber nur zwischen Kalkutta und dem 180. Meridian, mit der eines Mitspielers tauschen, wenn man 2000 britische Pfund zu zahlen bereit ist. Heimlich wetten kann man in Phileas Fogg zusätzlich. Und am Ende zählt nicht nur die Position auf der Siegpunktleiste, sondern das Bargeld nach Auswertung der Wetten kommt hinzu: ein Punkt für je 1000 Pfund.
Position auf der Siegpunktleiste? Es geht gar nicht darum, London als Erster zu erreichen? Genau! Wer am Zug ist, spielt eine Bewegungskarte, die für die gesamte Gruppe gilt. Zusätzlich bewegen sich die vier Spielfiguren auf der Leiste, und zwar abhängig davon, ob die Gruppe im Zeitplan liegt: Passepartout erhält Punkte, falls sie schneller vorankommt als erwartet. Fogg punktet mit Pünktlichkeit, der Detektiv Fix rückt voran, wenn Verzögerungen eintreten, und der Romanautor Jules Verne als vierte Figur muss darauf achten, dass die anderen drei Gestalten möglichst eng zusammenbleiben, die Partie also spannend bleibt.
Steffen Bogen & Co
Kennt man Phileas Fogg, wirkt Camel Up, als habe Autor Steffen Bogen seine Ideen und Erfahrungen mit diesem Spiel noch einmal weitergesponnen, ähnliche Mechaniken anders kombiniert, einige zusätzliche Einfälle eingebracht. Dabei ist zu bedenken, dass für Phileas Fogg & Co drei Co-Autoren verantwortlich zeichnen: Jörg Dünne, Kirsten Kramer und Andreas Mahler, alle drei Kommilitonen von Bogen an der Universität Konstanz.
Das Reisespiel ist nicht einzeln erhältlich, sondern ausschließlich in einem Karton zusammen mit einem dicken Band Kurz-Essays rund um Jules Verne, den 80-Tage-Roman und Themen wie Vermessung der Welt, Reisen und Spiel. Auf dem Umschlag firmieren Bogen & Co übrigens als Autorenkollektiv Passepartout. Der Titel für Buch und Spiel zusammen lautet Weltnetzwerk – Weltspiele.
Wer den Weg nach Vierkirchen nicht scheut, kann Phileas Fogg & Co am 4. August ab 20 Uhr ausprobieren.
Weiterlesen:
- Phileas Fogg ritt nicht, es wurde Annas Abend
- Andere hatten mehrdimensionale Erkennnisse
- Camel Up in Milbertshofen
- Carsten Pinnow über Phileas Fogg & Co
- Steffen Bogens Schnappt Hubi: Kinderspiel des Jahres 2012
Ich scheue den Weg nach Vierkirchen nicht und melde mich hiermit für Phileas Fogg an. Wenn es die Zeit hergibt, gerne auch noch Camel Up zum Vergleich hinterher.
Das freut mich, auch wenn Du dafür keinen langen Weg in Kauf nimmst.Ich dachte bei der Formulierung an den Besucher aus Bulgarien, der neulich in der Statistik des Blogs auftauchte … Camel Up würde zeitlich problemlos passen, falls es jemand mitbringt.