Des Kaisers Ecktisch

von Florian

Im hintersten Eck des Saales stand ein Tisch, wo man sich offenbar nicht von der allgemeinen Geschäftigkeit anstecken lassen wollte. Gemächlich nahmen dort am 17. Februar des Jahres 2014 zwei fast makellos rasierte Herren und eine perfekt manikürte Dame Platz.

So manchen Blick ließen Herr Florian und Frau Carmen über die Tische schweifen, wo entscheidende Tipps für die Eroberung des Weltraums oder die Altersplanung auf dem Dorf debattiert wurden. Auch ihr Tischgenosse, den wir der Einfachheit halber den Chronisten nennen wollen, scheute sich nicht, das hektische Volk mit einiger Muße zu studieren. Es fehlten nur noch die Meerschaumpfeifen, und man hätte sie einer jener friedlichen Wirtshausszenen der Malerei des 18. Jahrhunderts entstiegen gewähnt.

China

Dann wandten sie sich aber ihrer eigenen Unterhaltung zu, die der herrschenden Klasse und den wechselnden Dynastien im mittelalterlichen China galt. Deren Einfluss ward in Form bunter Häuser auf einer Karte jenes fernen Reiches veranschaulicht, und hatte sich derart erst einmal Bevölkerung niedergelassen, konnten in die Provinzen auch Verwalter einziehen, um so recht den Rahm des Lebens in Form von Steuern abzuschöpfen.

Zwei Durchläufe der Geschichte des Reichs der Mitte wagten jene unaufgeregten Herrschaften. Gemütlichkeit jedoch regierte nur im ersten, als jeder sein eigen Gut und Karteneck bestellte, wo er ungehindert lange, punkteträchtige Straßen baute. Im Wiederholungsdurchgange aber, man hatte ja die papiernen Gesetze von Ursache und Wirkung gelernt, gönnte keiner mehr dem anderen Platz auf der Karte, sofern er nicht selbst profitieren konnte. Da sich Frau Carmen und ihr Gemahl aufs Innigste beharkten, wie dies unter Paaren bisweilen zu geschehen pflegt, zog der Chronist letzten Endes auf der Wertungsleiste davon und ließ sich für den Rest des Abends in Gedanken auf dem chinesischen Kaiserstuhle nieder.

Anschließend beschäftigten sich die drei Herrschaften mit langen Zahlenkolonnen, die sie schnellstmöglich mit Sequenzen füllten. Es war dies wohl eine schwer durchschaubare, aber äußerst praktische Alternative zur doppelten Buchführung. Die Zahlen ließen sich nicht einfach nach Gutdünken ankreuzen – vielmehr musste man für jede eine Art Guthabennachweis in Form einer Karte leisten. Herrn Florian gelang es besonders schnell, zwei seiner Kolonnen zu füllen, und er wurde als Sieger jener Notizzettelbuchhaltung ausgerufen.

Inzwischen war der Lärm im Saale verrauscht. Am Nebentisch hatte sich eine adlige Gesellschaft um Gräfin und Prinzessin niedergelassen. Mit gemessenen Worten in deren Richtung leitete unsere Tischgesellschaft ihren Abschied ein.

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