Opa erzählt

von Florian

„Man gewöhnt sich an alles, auch ans Sterben“, sagt Opa Weiß und streicht sich mit der Hand über die große schwarze Eins auf der Brust. „Zumindest habe ich vorher meinen großen Auftritt, kann wirklich etwas reißen. Mein Urenkel ist gestern wieder gar nicht erst ins Spiel gekommen. Das ist dann schon bitter.“

Familien Weinrot, Himmelblau und Weiß (von links)

Familien Weinrot, Himmelblau und Weiß

Am Vortag hat Opa Weiß seine Aufgabe wieder glänzend erfüllt. Er hat lange allein auf dem Hof geackert. Und zwar im Wortsinn. Ohne Ochse oder Pflug musste er jahrelang die schweren Kornsäcke füllen, die auf dem Markt so gut zu verkaufen sind. Dann hat er eine neue Aufgabe bekommen und seine Zeit in der Kirche abgesessen. Für höhere Weihen war es zu spät, aber zum Pfarrgemeinderat brachte er es noch – und konnte in der Kirchenhierarchie einen seiner Enkel etablieren.

Dann ist er wieder mal gestorben – gerade rechtzeitig, um sich einen Platz in der Dorfchronik zu sichern und nicht etwa im Armengrab zu landen. Zur berühmtesten Familie im Dorf sind die Weiß trotzdem nicht aufgestiegen. Die Nachbarn vom Südrand des Dorfs, die Weinrot, haben sich wieder mal vorgedrängt. Wenigstens an die Nachbarn zur Rechten, Familie Himmelblau, wird man sich nicht so lange wie an die Weiß erinnern.

Woran lag es? „Am Markt waren wir diesmal die erfolgreichsten. Aber manchmal haben wir vielleicht zu früh verkauft. Gut, wir wollten die anderen unter Druck setzen, aber mit einem Ochsen und einem Pflug hätten wir einfach mehr Getreide geerntet.“ Opa Weiß reibt die Hände. „Das wäre schon eine Erleichterung für mich gewesen.“ Man glaubt es ihm gern: Mit 23 Millimetern Höhe ist der alte Mann nicht gerade eine beeindruckende Gestalt.

Nachbardorf

Fasching im Nachbardorf

Familie Weiß bekam aber noch ein anderes Problem. „Im Rathaus hat mein Bruder versucht, Karriere zu machen, der ist aber jung gestorben. Der Papierstaub war nichts für ihn. Er wäre lieber auf Reisen gegangen, wie Gevatter Himmelblau, das sonnige Gemüt. Seine jüngere Tochter dagegen, meine Nichte, war ja wirklich auf dem besten Weg. Sie hatte immer eine schöne Handschrift für die Akten. Aber für Frauen ist es dermaßen schwer in der Politik. Man hat sie einfach nicht mehr befördert. Sie sollte lieber weiter die Protokolle verfassen.“

Vielleicht schon nächsten Montag wird Opa Weiß wieder versuchen, ein ruhmreiches Dorfleben zu führen und pünktlich zu sterben. Wie kann er sich allwöchentlich motivieren? „Ach, in Village hat man als Spielfigur ja eigentlich ein abwechslungsreiches Leben. Kennen Sie Carcassonne? Da liegen die Bauern den ganzen Tag nur auf der Wiese, bis am Ende ihre Landfläche vermessen wird. Das wäre mir einfach zu langweilig.“

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